Dienstag, 23. August 2011

Rückseite

Gott ist ein Regenwald, ein leuchtender, der auf alles drumherumliegende abstrahlt und dich zu ihm lockt: Hier, komm her, ich bin dein Paradies.
Und wenn du zu mir kommst, dann will ich dich nicht überwältigen, sondern nur anhauchen mit meiner Liebe und Güte und Lebendigkeit; wenn du in mich eingehst, dann wirst du nicht untergehen, sondern dann wirst du gut aufgehoben sein; alle Unwägbarkeiten werden zu neuen Sicherheiten, Zögern wird zum Rennen, Stillsitzen wird zum Klettern und Scham wird zu radikaler Offenheit.

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Als der Mensch den Wald abholzte, um den fernen Himmel erblicken zu können, da schuf er sich auch seine zwei Höllen auf Erden: den klaren Verstand und den natürlichen Körper. Dieses Buch handelt vom Gegenteil: der (Ver-)Ortung des Himmels (auf Erden) im Wald des Warmen Regens zur Würdigung des Körpers.

Sprüche (25)

Die Diagnose, dass die Kirche heute vor allem Lebenswende-Kirche sei, ist zwar korrekt, unterschlägt dabei aber, dass es zu allen Zeiten so war. Wer in der Wüste oder nach einem strengen Winter dem Tod ins Auge sah, der hatte seine alltägliche Lebenswende und auch das Heilsbedürfnis nach Kirche. Zudem waren die Familien einfach größer und die Lebenserwartungen geringer, so dass immer jemand geboren wurde, starb, getauft, gefirmt oder verheiratet wurde. Die Kirche hatte dazwischen immer schon wenig zu bieten - nur heute fällt es einfach mehr auf!

Ein Integrationsminister ausländischer Herkunft wird nicht weniger vorurteilsbeladen sein Feld beackern als ein Behinderter, der über die Rolle des Körpers in dieser und der nächsten Welt spricht: Mit Selbsthass bezüglich seines Typus oder mit Ressentiment gegen alles Bessere.

Auferstehung des Leibes: Körper minus aller körperlichen Bedingtheit!

Die Prozesstheologie legt Wert darauf, dass der Kosmos kein Zustand, sondern eine fortwährende Bewegung sei. Die Beweglichkeit haben sie beim Menschen, beim Körper allerdings wieder unterschlagen...

"Was schön ist, das muss ich kaufen." Dies ist bereits die zweite Phase, wo man schließt, dass Schönheit niemals natürlich ist, sondern ausschließlich gekauft und hergestellt wird. Dagegen ist die erste Phase noch harmlos, wo man lediglich glaubt, dass eine Korrektur hin zur Schönheit möglich ist...

Nietzsche glaubte, dass es eigentlich nur Geschmacksurteile gäbe, da alle logischen Urteile von ihnen abgeleitet seien. Dabei ist er aber noch nicht zum Körper vorgedrungen - das allein macht sein Pathos des Leidens aus, so dass er noch denjenigen loben kann, der um seines Ideals willen leidet. ABER: Nicht der Geist ist tragsam, sondern das gute Gewissen wird erkauft, indem man den Körper leiden lässt. Sich leiden zu lassen bedeutet eigentlich nur den Körper leiden zu lassen.

Wo ich Leben fand, da fand ich - den Körper entwürdigt.

Nietzsches Aufklärungspessimismus: "Zu Vieles klärte sich mir auf, nun geht mich nichts mehr an!" - Mein Denken ist eine neue, erst die eigentliche Aufklärung, die Aufklärung des Verstandes über sich selbst, indem er unter der Perspektive des Körpers auf das Leben blickt. Weil sich mir alles aufklärte, gehe ich nun alles an!

Gott ist durch die menschliche ultima ratio zur ultima ratio der Wirklichkeit geworden! Die, die das meiste haben, verlangen noch nach dem Höchsten. Gott also als Erleichterung für den Leidenden und als Sieg für den aus Kraft Suchenden.

Bisher hat man Nietzsche entweder bewundert oder widerlegt - nur ich bin über ihn hinaus, da ich seine Gedanken nicht als Irrweg betrachte, sondern als beste Konsequenz dessen, was möglich war angesichts seiner Zeit, seiner Gegner.

Wenn man einen Körper hat bzw. besitzt, dann braucht man ihn nicht würdigen: Schönheits-OPs als moderner Sklavenhandel und ästhetische Prostitution.

Was wir heute (auch an uns selbst) Natur nennen, ist ein ästhetisches und ungefährliches Zuständnis des Menschen an sein gutes und schlechtes Gewissen. Und das wiederum ist erschreckend kompatibel mit der bestmöglichen Auslegung von Gen 1,28.

Noch gravierender als das jesuanische "Liebet eure Feinde!" ist der Körper Provokation schlechthin, mobilisiert alle schlechten Instinke, alles Ressentiment, alle Moral, alle Kultur, alle Verschönerung gegen ihn und bringt ihn in Vergessenheit oder ans Kreuz. "Und siehe, der Vorhang im Wellness-Tempel zerriß in zwei Stücke von oben bis unten. Und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen, und die Gräber taten sich auf, und viele Leiber der entschlafenen Heiligen standen auf."

"Thronbesteigung des Körpers"

Die große Lehre von Herve Juvins "Die Thronbesteigung des Körpers" könnte neben der beinahe schon klassischen Kritik am falschen Umgang der Menschen mit dem Körper (Früher waren die Menschen in der täglichen Arbeit auf den gesunden Körper angewiesen, heute sitzen sie vor allem herum, so dass der Kröper frei für Drogen und verschönerung wurde) sein, dass es - wenn der westliche Kapitalismus zur medizinisch-technischen Neuformung des Körpers in bester sozialistischer Manier beiträgt - kein politisches System gibt, dass der Verwirklichung des Körpers zu Hilfe kommen könnte. Dann spielt es nicht einmal mehr eine Rolle, ob sich der Mensch für den Konsum oder für ein anderes Ideal aufopfert: Der Körper ist geknechtet!