Donnerstag, 16. Dezember 2010

Mit Wittgenstein für eine natürliche Schönheit (Update)

Ludwig Wittgenstein hat in seinen Philosophischen Untersuchungen (PU) dargelegt, warum alle Philosophie seiner Meinung nach Sprachkritik sei. Wir würden unsere alltäglichen Begriffe wie "denken", "sein", "wahr" etc. zum Zwecke der Philosophie mit allerlei metaphysischer Bedeutung aufladen und würden uns dann immer neu um das richtige Verständnis dieser Wörter und Ausdrücke streiten. Dies sei allerdings der falsche Weg, da die Philosophie so vor unlösbare Probleme gestellt würde, und es reichen würde zu sagen, dass die Begriffe eben genau das sind, was sie in der alltäglichen Ausdrucksweise bezeichnen statt auf bisher unentdeckte metaphysische Wahrheiten zu verweisen. Nach Wittgenstein täuscht uns die Grammatik unserer Sprache nur vor, dass es eine abstrakte, "die, Wahrheit" oder "das Denken" gibt.
Dies kommt meiner Auffassung, dass es nichts Tiefes an der Schönheit gibt, welches sich genau dann ereignete, wenn wir uns dieser Schönheit mit allerlei kosmetischer Hilfe annäherten. Schönheit ist so eindeutig wie sonst kaum ein alltäglicher Begriff metaphysisch mit Idealen aufgeladen und wird von so vielen Menschen als so fern, aber näherungsweise erreichbar angesehen, dass man meine Argumente scheinbar auch dann noch für sich selbst ablehnt, wenn man ihre Richtigkeit schon eingesehen hat. Der Schönheitsbegriff hat (wie auch der Körperbegriff) keinen höheren Gehalt und keinen tieferen Inhalt als der Begriff der Natürlichkeit; sie ist immer genau dann da, wenn ich mich nicht mehr über mich selbst erhebe, sondern mich und meinen Körper genau so nehme, wie ich bin.

109. ... Die Philosophie ist ein Kampf gegen die Verhexung unsres Verstandes durch die Mittel unserer Sprache.
110. ... Und auf diese Täuschungen, auf die Probleme, fällt nun das Pathos zurück.
111. [Wittgensteins Gegner behauptet:] Die Probleme, die durch Missdeuten unserer Sprachformen entstehen, haben den Charakter der Tiefe. Es sind tiefe Beunruhigungen; sie wurzeln so tief in uns, wie die Formen unserer Sprache, und ihre Bedeutung ist so groß, wie die Wichtigkeit unserer Sprache. ...
115. Ein Bild hielt uns gefangen. Und heraus konnten wir nicht, denn es lag in unsrer Sprache, und sie schien es uns nur unerbittlich zu wiederholen.
116. ... Wir führen die Wörter von ihrer metaphysischen, wieder auf ihre alltägliche Verwendung zurück.
118. ... Aber es sind nur Luftgebäude, die wir zerstören, und wir legen den Grund der Sprache frei, auf dem sie standen.
119. Die Ergebnisse der Philosophie sind die Entdeckung irgend eines schlichten Unsinns und Beulen, die sich der Verstand beim Anrennen an die Grenze der Sprache geholt hat. Sie, die Beulen, lassen uns den Wert jener Entdeckung erkennen.
125. ... Die bürgerliche Stellung des Widerspruchs, oder seine Stellung in der bürgerlichen Welt: das ist das philosophische Problem.
129. Die für uns wichtigsten Aspekte der Dinge sind durch ihre Einfachheit und Alltäglichkeit verborgen.
131. Nur so nämlich können wir der Ungerechtigkeit, oder Leere, unserer Behauptungen entgehen, indem wir das Vorbild ... nicht als Vorurteil [hinstellen] , dem die Wirklichkeit entsprechen müsse. (Der Dogmatismus, in den wir beim Philosophieren so leicht verfallen.)
132. Die Verwirrungen, die uns beschäftigen, entstehen gleichsam, wenn die Sprache leerläuft, ...
133. Wir wollen nicht das Regelsystem für die Verwendung unsrer Worte in unerhörter Weise verfeinern oder vervollständigen. Denn die Klarheit, die wir anstreben, ist allerdinge eine vollkommene. Aber das heißt nur, dass die philosophischen Probleme vollkommen verschwinden sollen. Die eigentliche Entdeckung ist die, die mich fähig macht, mit dem Philosophieren aufzuhören, wann ich will. - Die die Philosophie zur Ruhe bringt, sodass sie nicht mehr von Fragen gepeitscht wird, die sie selbst in Frage stellen. ...
255. Der Philosoph behandelt eine Frage; wie eine Krankheit.
309. Was ist dein Ziel in der Philosophie? - Der Fliege den Ausweg aus dem Fliegenglas zeigen.

Wenn man das nun auf die Schönheit und auf den Körper bezieht, ergibt sich, in veränderter Reihenfolge, folgender Text:
1. Ich behandle die (Frage nach der) Verschönerung/Kultur; wie eine Krankheit - als ein Therapeut.
2. Meine Idee vom Wald des Warmen Regens ist ein Kampf gegen die Verhexung unserer Natürlichkeit/unseres Körpers durch die Mittel der Verschönerung/Kultur.
3. Eine (falsche) Vorstellung von Schönheit hielt uns gefangen. Und heraus konnten wir nicht, denn es lag in unserer Kultur, und sie schien sie (= die falsche Vorstellung) uns nur unerbittlich zu wiederholen.
4. Die für uns wichtigsten Aspekte der Dinge sind durch ihre Einfachheit und Alltäglichkeit verborgen.
5. Die gewöhnliche Stellung der Verschönerung/des Körpers, oder ihre/seine Stellung in der gewöhnlichen Welt, das ist das Problem.
6. Die Probleme, die durch ein Aberkennen eigener Schönheit/Körperlichkeit entstehen, haben den Charakter der Tiefe. Es sind tiefe Beunruhigungen; sie wurzeln so tief in uns wie die Formen der Verschönerung, und ihre Bedeutung ist so groß, wie die Wichtigkeit, zur Schönheit zu gelangen.
7. Auf diese Täuschungen, dass Verschönerung zu mehr Schönheit führt, fällt nun das Pathos zurück.
8. Unsere (falsche) Vorstellung von Schönheit/Körperlichkeit ist nur ein Luftgebäude, das ich zerstöre, und ich lege den Grund der Vorstellung frei, auf dem sie stand.
9. Die Ergebnisse meiner Idee vom Wald des Warmen Regens sind die Entdeckung irgend eines Unsinns und Schmerzen, die sich der Körper beim Anrennen an die Grenzen der Verschönerung geholt hat. Sie, die Schmerzen, lassen uns den Wert jener Entdeckung erkennen.
10. Nur so nämlich können wir den Schmerzen, oder der Leere, unserer Behauptungen über Schönheit/den Körper entgehen, indem wir das Vorbild nicht als Vorurteil hinstellen, dem meine verschönernde Wirklichkeit entsprechen müsse. (Die Selbstverachtung, in die Frauen vorm Spiegel so leicht verfallen.)
11. Die Verwirrungen, die mich beschäftigen, entstehen gleichsam, wenn die Schönheit/der Körper leerläuft, also Platz macht für eine metaphysische Aufladung.
12. Ich führe die Schönheit/den Körper von ihrer/seiner metaphysischen, wieder auf ihre/seine natürliche Verwendung zurück.
13. Ich will nicht das Normsystem für die Verwendung der Verschönerung/Kultur verfeinern und vervollständigen. Denn die Realisierung, die ich anstrebe, ist eine vollkommene. Das heißt, dass die Verschönerung und die Kultur vollkommen verschwinden sollen. Die eigentliche Entdeckung ist die, die mich fähig macht, mit dem Verschönern/Kultivieren aufzuhören, und die das Bedürfnis nach Verschönerung/Kultivierung zur Ruhe bringt, so dass die Schönheit/der Körper nicht mehr von Fragen über Verschönerung und Kultivierung gepeitscht wird, die sie/ihn selbst in Frage stellt.
14. Was ist das Ziel meiner Idee vom Wald des Warmen Regens? - Dem Schönen den Ausweg aus der Verschönerung zeigen. Dem Körper den Ausweg aus der Kultur zeigen.

Wir haben gesehen, dass "Schönheit" (genau so wie "Körper") ein Begriff ist, der sich jeder Definition entzieht; es sei denn, man lädt ihn mit einer Bedeutung auf, die aber gar nicht da ist. Die Lösung des Problems der Paradoxie der Würdigung des Körpers merkt man am Verschwinden dieses Problems. Dann zieht sich der Begriff des Körpers und der Schönheit in sich selbst zu sich selbst zusammen und zurück bleibt das "Körpern" im Wald des Warmen Regens.

PS: Wer es jetzt immer noch nicht verstanden hat und immer noch an Verschönerung und Kultiviertheit glaubt, der wird es niemals verstehen...

Update:
114: ... Man glaubt, wieder und wieder der Natur nachzufahren, und fährt nur der Form entlang, durch die wir sie betrachten.
X1: Man glaubt, wieder und wieder der Schönheit nachzueifern, und fährt nur den Formen der Verschönerung entlang, durch die wir glauben, ihr nahe zu kommen.

Update2:
88. ... Ein Ideal der Genauigkeit ist nicht vorgesehen; wir wissen nicht, was wir uns darunter vorstellen sollen - es sei denn, du selbst setzt fest, was so genannt werden soll. Aber es wird dir schwer werden, so eine Festsetzung zu treffen; eine, die dich befriedigt.
X2: Ein Ideal der Schönheit/des Körpers ist nicht vorgesehen; wir wissen nicht, was wir uns darunter vorstellen sollen - es sei denn, du selbst setzt fest, was so genannt werden soll. Aber es wird dir schwer werden, so eine Festsetzung zu treffen; eine, die dich befriedigt.

Das ist wie ein umgeschriebener Satz von Nietzsche:
Was Schönheit ist, das weiß noch niemand, es sei denn derjenige, der versucht, (objektiv) festzulegen, was Schönheit ist.
Erst derjenige begreift, wenn alle Verschönerungen als willkürlich durchschaut sind, dass Schönheit als Begriff mit Natürlichkeit zusammenfällt.
Damit Schönheit wirklich wird, muss sie als zu erreichendes Ideal zu Grunde gehen.

Mittwoch, 15. Dezember 2010

Nicht-optimale Ideale (Update)

In einer seiner im Johannes-Evangelium überlieferten Reden spricht Jesus über das, was seine Jünger nach seinem Tod noch zu ertragen haben werden:
"Sie werden euch aus der Synagoge ausschließen; es kommt sogar die Stunde, dass jeder, der euch tötet, meinen wird, Gott einen Dienst zu tun."

Den Satz kenne ich auch ziemlich gut, meine Varianten gehen so:
"Sie werden ihren Körper aus der Kultur ausschließen; es kommt sogar die Stunde, dass jeder, der seine Natürlichkeit opfert, meinen wird, der Schönheit einen Dienst zu tun."

"Sie werden ihren Körper aus der Kultur ausschließen; es kommt sogar die Stunde, dass jeder, der sich berauscht, meinen wird, seinem Verstand einen Dienst zu tun."

Geht es noch offensichtlicher? Braucht ihr noch Argumente?"Ihr nennt ideal, was euch widerspricht und wehe tut; und nicht anders wisst ihr euch selbst zu lieben, als indem ihr euch selbst vergewaltigt."

Update: Der nachfolgende Satz bei Johannes ist bezeichnend: "Und dies werden sie tun, weil sie weder den Vater noch mich erkannt haben." Wie man das auf meine Sätze übertragt, dürfte klar sein.

Sonntag, 21. November 2010

Serie: Der menschliche Körper

Dies ist der Auftakt zu einer Serie über den menschlichen Körper. Dabei sollen einzelne Körperteile beleuchtet und beschrieben werden und vor allem gezeigt werden, was man mit ihnen bewegungs- und lebenstechnisch anfangen kann. Dabei werden beispielsweise Lexikoneinträge darauf hin abgeklappert, ob neben der anatomisch-zivilisatorischen Funktion des Körperteils und seinen Erkrankungen auch seine Funktion für den menschlichen Bewegungsapparat benannt wird. Außerdem wird natürlich auch noch Raum sein für Anekdoten und sonstiges Wissenwertes, wie das Gefühl des Kletterns oder psychosomatische Erkrankungen oder die moralischen Vorbehalte in Körperangelegenheiten.
Eine erste Anekdote, die erst den Auslöser zu dieser Serie abgegeben hat, möchte ich hier erzählen:

Einmal auf der Rückfahrt mit dem Zug, stützte ich meine Füße am Gestell der gegenüberliegenden Sitze ab und schlief ein. Eine Station zu früh wachte ich auf und merkte einen komischen Druck im rechten Bein und wollte aufstehen, um die Durchblutung anzukurbeln. Beim Aufstehen allerdings knickte ich weg, da mein komplettes Bein unterhalb des Knies eingeschlafen war und ich nichts mehr spürte. - Als ich dann aussteigen musste, konnte ich wieder laufen, das Gefühl war zurück. Aber ich hatte eben 5min Zeit, um mir klar zu machen, wie es wohl sein würde, wenn man seine Beine nicht benutzen kann.
Wer an dieser Stelle allerdings Mitleid für alle Verwundeten, Behinderten etc. erwartet, der liegt ganz falsch. Viel eher bemitleide ich nämlich diejenigen, die ihre Beine zum Laufen benutzen können, aber es nicht wollen bzw. einfach nicht tun. Was ich mehr denn je als wesenhaftes Geschenk des Lebens empfinde, muss einfach ausgelebt werden.

Deshalb verzeihe man es mir auch, dass ich - während ich diese Zeilen schreibe - selbst am PC SITZE und meinen Körper nicht einsetze; dass ich nicht 'körpere'...

Dienstag, 16. November 2010

Warum ich so wenige normale Freunde habe

Einerseits sind die meisten normalen Menschen wohl nicht tiefgründig genug, um mich für meine Ansichten zu mögen - andererseits sind sie vermutlich dann doch nicht oberflächlich genug, um über meine Tiefgründigkeit und damit Gegensätzlichkeit hinweg sehen zu können.

Und die intelligenten Menschen, die meinen Ansichten kritisch gegenüber stehen, brauchen ein gewisses Maß an Macht und Selbstbeherrschung, um mich, wenn nicht als Freund, so doch zumindest als ehrbaren Gegner zu würdigen.

Sonntag, 14. November 2010

Mit rechter Politik zum Wald des Warmen Regens?

Wenn von den auf-rechten Deutschen in diesem Land inzwischen gefordert wird, Rot-Grün an die Macht zu wählen, weil nur ein Auto mit Totalschaden eine Neuanschaffung notwendig macht und sonst immer nur an Symptomen herumgewerkelt und ausgebessert wird, dann macht das in diesem Land schon beinahe Sinn.
Vielleicht rücken sich dann ja endlich die Verhältnisse noch einmal so zurecht, dass die Gewerkschaften irgendwann nur noch links und nicht mehr linksextrem sind und sich um die echten Nöte der arbitenden Menschen kümmern; dass die Ökobefürworter keine Fakten mehr fälschen und sich wirklich für den Schutz der Umwelt einsetzen und nicht mehr nur aus ideologischen Gründen gegen alles sind, da ja alles Kulturelle irgendwie anti-öko ist; dass man rechts sein kann ohne als rechtsextrem zu gelten; dass man offen über Ausländer reden kann und sich für sie einsetzen kann, ohne damit Kriminalität und Betrug Vorschub zu leisten; dass man gegen jeden Multikultiwahnsinn deutsch und stolz sein kann; dass der ganze Gender-Quatsch endlich aufhört und der Mensch wieder als Mann und Frau definiert ist; dass Abtreibung nicht mehr die Regel, sondern die Ausnahme ist.
Hätte sich damit etwas am Gesamthaushalt des Lebens geändert? Natürlich nicht! - Aber zumindest wäre der Wald des Warmen Regens dann aus einer Position der Stärke heraus anpeilbar und nicht mehr nur, weil die Werte unserer Kultur über kurz oder lang Selbstmord begehen. Oder muss das Auto erst Totalschaden erleiden, damit...?

Freitag, 12. November 2010

Die Abschaffung der Freiheit

Ein gestriges Erlebnis in der Uni-Biblitothek der Geschichte hat mich echt an der Vernunft der Menschen zweifeln lassen. Dabei stieß mir nicht nur dieses Ereignis sauer auf, sondern auch die anschließenden Bewertungen meiner Wertung.
Was war geschehen? Ich wollte, wie so oft, die Computer der Bilbliothek benutzen. Ich stellte meinen Rucksack und meine Jacke vor der Pforte ab und nahm Zettel, Stift und Butterbrot in meine Hand. Zum allerersten Mal kam die Aufsicht der Pforte hinter mir her und ging mich ganz energisch an, doch mit dem Brot nach draußen zu gehen, da es doch verboten sei hier zu essen. Mir wollte schon ein: "Soll das 'ne Anmache sein?" herausrutschen, aber ich hatte mich so weit unter Kontrolle, dass mir nur ein "Das ist jetzt ein Scherz, oder?!" entwischte, wohlwissend, dass sie es tatsächlich ernst meinte. Ich wollte dann noch damit argumentieren, dass es ja keine Tüte Chips sei, sondern nur ein Brot, aber sie ließ sich nicht beirren, so dass ich widerwillig mitging und erst 20sek später wieder hineingehen durfte. Dabei überkam mich irgendwie das Gefühl, dass diese Aufsicht noch einige Tage zuvor am Castor festgekettet war und heute wieder zur Hüterin des Gesetzes mutiert sei. Diese absurde Situation erzählte ich einigen Leuten weiter, die allerdings großteils das Verhalten der Aufsicht als richtig beurteilten und mich dafür ermahnten, dass ich mich darüber auch noch aufregen würde.
Dass man natürlich potenziell etwas hätte beschädigen oder dreckig machen können, sehe ich natürlich ein - aber dass man daraus ein Gesetz formulieren muss, das dann auch noch strikt kontrolliert wird, erschließt sich mir eher weniger. Selbst wenn es in der Entscheidung des Einzelnen liegen würde, was man in die Bibliothek mit hinein nehmen dürfte, so könnte man doch erwarten, dass niemand ein Bier oder Apfelsaft bzw. einen Döner oder Pommes-Currywurst mit in die Bibliothek nehmen würde. Muss man denn gleich wegen einzelnen Idioten ein Gesetz erlassen und damit die Freiheit Aller einschränken? Würde eine Regel, die man aus vernünftigen Gründen befolgt, nicht viel viel mehr bringen als ein Gesetz, dem man nur äußerlich gehorchte?
Ein Beispiel aus dem Straßenverkehr ist dies von der Geschwindigkeitsbeschränkung auf Straßen. Zwar führen rigide Tempolimits auf Straßen natürlich zu weniger Toten und Verletzten, allerdings nimmt damit auch die Fähigkeit der Autofahrer ab, die Straßenverhältnisse nach eigenem Ermessen richtig einzuschätzen. Die schon immer geltende Regel, dass man sein Tempo den gegebenen Straßen- und Sichtverhältnissen anpassen muss, wird mit immer weitergehender Beschilderung somit ab absurdum geführt. Oft hört man jedoch davon, wie über Raser und Rowdies auf unseren Straßen gemeckert wird und vernimmt den Satz: "Ich verstehe nicht, warum an dieser Stelle kein Tempolimit existiert." Statt also die Umsichtigkeit der Autofahrer einzufordern, verlangt man lieber nach neuen Gesetzen. Man traut den Gesetzgebern also mehr Vernunft zu als den einzelnen Menschen. Und wenn aktuell zudem darüber debattiert wird, ob man den Kindern von Arbeitslosen zu mehr Bildung verhelfen soll, indem man einfach mehr Geld zahlt oder ob man Bildungsgutscheine herausgibt, dann ist das genau die Frage, wie viel Vernunft der Staat seinen Bürgern zutraut.
Als 1789 die Französische Revolution auf den Grundsätzen Freiheit - Gleichheit - Brüderlichkeit fußte, da waren die Gesetze vor allem dazu da, die Freiheitsrechte des Menschen zu garantieren, denn Moralität und Anstand waren sowieso schon vorhanden. Mit der Entstehung überfürgsorglicher Gesetze ist allerdings gleichzeitig der Verlust der moralischen Urteilsfähigkeit verbunden, so dass nach beständiger Relativierung und Aushöhlung unserer Werte irgendwann der Punkt erreicht ist, wo der Staat beginnt, seine Bürger vor ihrer eigenen Dummheit zu beschützen.
Und das schlimmste ist: Wir in Deutschland sind inzwischen nach zwei totalitären Systemen auf eigenem Boden schon wieder dabei, unsere Freiheiten abzuschaffen. So paradox es auch klingt: Die vermeintliche Befreiung von gesellschaftlichen Tabus durch die 68er hat lediglich dazu geführt, dass wir das durch Gesetze wieder reinholen müssen (und sogar wollen!), was uns unsere Sittlichkeit nicht mehr vorgeben kann. So wie sowohl die Nazis als auch die Kommunisten ihren Faschismus damit begründet haben, dass sie durch Gesetze den Anstand entweder wieder herstellen oder erst neu schaffen müssten, so sind auch wir auf dem Weg zu einem neuen Totalitarismus, nur in einem noch viel schlimmeren, engmaschigeren Sinn, als wir es uns jemals vorgestellt haben. Die unüberwindliche, mit allem bisherigen unvergleichlichen Diktatur wird genau dann erreicht sein, wenn wir es uns gar nicht mehr anders vorstellen können und unsere arme, werteschaffende Vernunft verkümmert ist; wenn sie hilflos mit dem Rücken auf dem Boden liegt und sich sagt: "Aller Wert ward schon geschaffen, es soll kein 'Ich will!' mehr geben." - Gegen diesen gewissenlosen Gesetzesgehorsam wäre selbst der Islam der Himmel auf Erden...

Fassen wir zusammen:
Die Gesetze sollen für den Menschen da sein und nicht umgekehrt; sie sollen die Freiheiten des Einzelnen bewahren und nicht verhindern. Daher sollte eine Verfassung auch vor allem aus Rechten und weniger aus Verboten bestehen.
Eine Herdprämie ist genau so abzulehnen wie Bildungsgutscheine für Arbeitslose(, ganz abgesehen davon, dass Bildung keine Sittlichkeit ersetzt, sondern im besten Falle zur Sittlichkeit führt - aber dafür ist der von der Regierung gewünschte Bildungsbonus wohl zu sehr Ausbildungsbonus). Ein Burka-Verbot macht auch nur genau so lange Sinn, wie jemand gezwungen werden kann, eine anzuziehen; danach ist es so überflüssig wie jetzt im Grunde schon das Verbot von Tempolimits. Ein Integrationskurs...
Wer schon im Kleinen (wie ich in der Bibliothek) den Gesetzen vor der Sittlichkeit Recht gibt und dem Werteverfall damit Vorschub leistet, der darf sich im Großen nicht wundern, wenn er in der Demokratie einschläft und in der Diktatur wieder aufwacht.
Freiheit ist ein Wagnis und sie wird immer von denjenigen abgeschafft, die den anderen weniger vernünftige Sittlichkeit als sich selbst zutrauen und nicht merken, dass ihre eigene Sittlichkeit dabei Selbstmord begeht.

Ekel vor dem Ekel

In einem vorherigen Eintrag habe ich bereits auf die "Angst vor der Angst" hingewiesen. Hier geht es nun um den Ekel vor dem Ekel.
Es gibt viele Dinge, vor denen wir uns ekeln, im Grunde aber nur vor uns selbst. Wenn sich jemand den Finger erst in die Nase und dann in den Mund steckt, überkommt uns ein Gefühl, als müssten wir sterben, allein wenn wir uns dieses Spektakel anschauen. Wehe dem, der laut schmatzt und (ohje!) dabei auch noch redet. Oder wenn uns jemand seine Hand geben möchte und vorher noch in sie hinein genießt hat. Wenn uns so etwas begegnet, dann können wir gar nicht nachdenken und frei entscheiden, ob wir uns ekeln wollen, sondern es passiert automatisch.
Vor diesem Ekel allerdings - ekele ich mich. Es kostet unheimlich viel Kraft, in solch einem Fall gegen sich selbst zu denken. Und wenn man darüber mit jemandem spricht, muss man ihm auch noch erklären, warum man nicht einfach ein Idiot ist, sondern dass es Sinn macht, hier nicht einfach ein Tabu einzuführen, damit sich in Zukunft jeder daran hält. Würde man das konsequent fortsetzen und alles verbieten, was irgendwie Ekel erregen könnte, so würden wir auch uns selbst abgeschafft haben; es wäre die schlechteste, weil sterilste aller möglichen Welten.
Oder aber man würde alles das zulassen und bejahen, was bisher den größten Anstoß erregt hat.
Jesus wurde den Jüngern des Johannes gefragt, ob Jesus wieder nur auf irdische Weise ein paar Symptome bekämpft oder er tatsächlich der Messias ist, worauf er mit seinen Taten antwortet und entgegnet, dass man keinen Anstoß an ihm nehmen soll. So glaubt es mir nun auch:
"Urin und Schweiß sind sauberer als Wasser und/denn die Menschen sind nackt, sie gehen sich und/als die Welt unbedingt an, wahrlich, aus Opfern wurden Ex-Opfer."

Gerechtes Würfeln

Im Englischen heißt das Theodizee-Problem [es gibt Übel auf der Welt, obwohl Gott allmächtig, allwissend und allgütig ist] "theodice", welches das englische "dice" für " die Würfel" oder "das Würfelspiel" enthält.
Gerechtigkeit ist also, wenn kein Mensch mit seiner perspektivischen Urteilskraft eine Entscheidung fällt, sondern wenn das Schicksal/Gott allein entscheidet.

Was ist dagegen unsere kleine menschliche Gerechtigkeit, die immer schon von Gesetzen und Gutachtern manipuliert ist?

Mittwoch, 10. November 2010

Zuggespräche (5)

Eine vielleicht 20jährige zu ihrer Freundin:

"Man, das ist so scheiße! Mit 17 konnte ich noch saufen wie sonst was und heute bin ich nach einem Bier schon fast betrunken..."

Wirklich, ich wäre fast zu ihr hingegangen und hätte sie getröstet...

Sprüche (15)

Hin und wieder scheint es mir, dass wir die Erde nur deshalb eingeebnet haben, um keine flachen Sohlen mehr an unseren Schuhen zu brauchen. - Wer funktional mit dem Körper nichts mehr anzufangen weiß...

Sind die Kantischen Postulate "Gott" und "Unsterblichkeit" dazu da, um die Guten zu rechtfertigen oder um die Bösen zu bestrafen? - Die Antwort verrät alles über dich!

Johannes sprach von der Fleischwerdung des Logos, ich spreche von der Körperwerdung des Fleisches.

Der Begriffsfamilie "Körper", "Körperlichkeit" und "körperlich" fehlt das Verb "körpern". Wer versteht, was mit "körpern" gemeint ist, der hat alles von mir - und damit die Welt - verstanden.

Ich brauche mehr als jeder andere, um den Spaten, welcher mein Denken in die ungeformte Erde hineinsticht, beiseite legen zu können. Denn ich will nicht die Erlösung vom Denken, sondern die Erkenntnis, wo unsere Formung der Erde ihren Beginn und ihr Ende hat...Wald des Warmen Regens!

Wenn man sich eine von Gott umgrenzte Welt näher anschaut, so erkennt sich der Mensch darin selbst als zunächst ins Dasein geworfen und als schließlich von Gott begnadet und erlöst. Alles, was dann aber dazwischen geschieht, ist ein Balance-Akt zwischen dem Blankziehen der menschlichen Erkenntnis- und Schaffenskraft und einem allbegleitenden guten Gewissen. - Ähm, moment mal, soll das wirklich das Leben sein?!

Verkümmerung der Philosophie nach Tarski: Aus der Frage: "Was ist das?" wird "Was steht denn da?".

Manchmal halte ich den skeptizistischen Charakter meiner Philsoophie für meine größte Selbstlüge: nämlich dann, wenn ich einen theologisch gehaltvollen Begriff noch nicht in mein System integriert habe. Mit "Affirmation" ist jedes Problem des Widerspruchs von Ideal und Wirklichkeit, von Gott und Welt, von Himmel und Erde, von Gegenwart und Zukunft gelöst. - Dann aber erkenne ich den Selbstwiderspruch, der darin steckt: Das, was mir schon 'gehört', brauche ich nicht affirmieren. Wahrlich, Erlösung selbst ist kein langwieriges Zu-mir-selber-Kommen, kein fortschreitender Prozess der Selbstüberwindung, keine Balance zwischen Aneignung und Würdigung dessen, was mir fremd ist. - Erlösung heißt zu 'körpern'...

Mittwoch, 3. November 2010

Anti-Alkohol-Werbung

Wir kennen sie aus dem Fernsehen und von Plakaten: Werbung gegen übermäßigen Alkohol-Konsum.
Es ist nicht etwa davon die Rede, keinen Alkohol zu trinken, sondern "verantwortlich mit Alkohol umzugehen".

1."Don't drink and drive!"
Hier soll nicht etwa gesagt werden, dass man aufs Trinken verzichten sollte, sondern nur aufs Fahren. Weil unsere Politiker lieber Symptome behandeln, kämpfen sie lieber dafür, dass Alkoholindustrie und Taxifahrer und Bahn an den Kindern verdienen.

2."Kenne dein Limit!"
Hier soll ebenso nicht etwa gesagt werden, dass man den Alkohol komplett weglassen sollte, sondern dass man trotz Alkohol noch seinen Verstand behalten kann. Es wird suggeriert, dass man gegen Alkohol sei, spornt aber gleichzeitig noch die Jugendlichen an, ihr Limit, über das sie sich vielleicht noch nie Gedanken gemacht haben, herauszufinden, sich darüber auszutauschen und es weiter zu steigern. Das Limit soll nicht etwa niedrig, sondern besonders hoch behalten werden.

Wundert ihr euch wirklich noch, dass diese 'Alkoholprävention' von der Alkoholindustrie mitfinanziert wird? - Und wenn Politiker in der Zuwanderungsdebatte und bei der Vergemeinschaftung der europäischen Schulden das Volk beschwichtigen wollen und Deutschland, dem 'Einwanderungsland' und Zahlmeister Europas, zurufen "Kenne dein Limit!" - wen wollen sie dann eigentlich für blöd verkaufen?

Samstag, 30. Oktober 2010

Das Ende aller Verschönerung

Dies geht an meine Freunde, meine Freundin und alle, die sich mit den Gedanken von mir in irgendeiner Weise auseinander setzen:

Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus:
"6.51 Skeptizismus ist nicht unwiderleglich, sondern offenbar unsinnig, wenn er bezweifeln will, wo nicht gefragt werden kann."

Und parallel dazu mein Satz:
Verschönerung ist nicht unwiderleglich, sondern offenbar unsinnig, wenn sie verschönern will, wo nicht verschönert werden kann.

Versteht ihr das? In dem Augenblick, wo ich mich nicht mehr rechtfertigen muss für meine Art von Lebendigkeit, da kommt das Denken, das gute Gewissen, der Selbstzweifel, das Ausbalancieren des Mittelwegs sowie jedes Anders-Sein-Wollen des Menschen immer schon zu spät. Dies ist das Ende aller Verschönerung. Dann wurden aus Opfern Ex-Opfer.

Mittwoch, 27. Oktober 2010

Sprüche (14)

Ich wehre mich dagegen, mich in verschiedene Rollenmuster einzusortieren. Dabei wäre es doch so einfach, wenn ich es machen würde wie jeder andere: Sich Leute zu suchen die ähnliche Rollen in ähnlicher Weise ausfüllen. - Tussis können nicht ohne ihre Rivalinnen, sie stacheln sich nämlich gegenseitig zu immer besserer Schauspielerei an.

Eine Stufe der Erlösung: Auf der Seite des Guten genau so viel oder noch mehr für möglich zu halten wie auf der Seite des Bösen.

"Lebendigkeit ist der Sinn des Lebens." Darin sind sich alle einig. - Ich jedoch habe ganz neu definiert, was Lebendigkeit ist. Also folgt mir oder setzt eure eigene Definition dagegen, ich warte...

Wie würde man eine Theologie nennen, die sich gegen die "Theologie nach Auschwitz" wehrt? - "Theologie nach Christus" vielleicht...

Das Glück der Dummen

Eine Seite ihres Glücks:
Sich selbst das mit gutem Gewissen antun zu können, was ihnen zuvor nicht passte, als es ihnen andere Leute angetan haben. ["Ich mach das ja aus mir selbst für mich selbst!" (Willkür in der Gut-Böse bzw. Schön-Hässlich-Unterscheidung etc.)]

Eine andere Seite ihres Glücks:
Etwas generell als schlecht zu bewerten, wenn es andere tun, aber für sich persönlich die harmlosere Ausnahme gerechtfertigt zu haben. ["...aber heute gönne ich mir das mal..." bzw. "...aber jetzt muss das einfach sein..." bzw. "...etwas wird wohl nicht so schlimm sein..."]

Wieder eine andere Seite ihres Glücks:
Etwas als notwendig und unverzichtbar für eine gewisse Situation zu erachten. ["Das gehört einfach dazu!"]

Und wieder eine andere Seite ihres Glücks:
Immer noch auf seiner vertrauten Realität zu beharren, selbst wenn gute Argumente für etwas anderes sprechen. ["Das gehört einfach zu mir!" bzw. "Das bin einfach ich!" bzw. "So bin ich halt!" bzw. "Versuch nicht mich zu verändern!"]

Zuggespräche (3+4)

Die absolute Höchststrafe, wenn sich zwei Frauen/Mädls als Wächter von Sitte und Anstand aufführen, aber nicht merken, dass sie eigentlich nur lästern:
"Bei der find ich das so schrecklich: Am ganzen Körper nur Marke, Marke, Marke, Marke - bei einer einzelnen Sache ist das ja noch schön, aber..."

Am gleichen Tag erlebte ich auch noch eine ca. 10jährige, die auch wieder das moralische Gewissen gab, ohne irgendetwas Anstößiges darin zu erkennen:
"Schau da nicht so offensichtlich hin..."
Was soll ich dazu sagen, außer dass sie diesen Satz - Tabuisierung einer bestimmten Handlungsweise - bestimmt nicht selbst erfunden hat, weil ihr Geist erwacht ist, sondern eher weil ein Erwachsener so lange auf dieses kleine Wesen moralisch eingeprügelt hat, bis es selbst den gleichen Fehler macht, nämlich anderen die Moral vorzugeben.

Mittwoch, 20. Oktober 2010

Der Körper: Schönheit und Ex-Opfer (Update)

1 Verschönerung ist das Gegenteil von Schönheit und nicht ihr Superlativ.
1.1 Für Verschönerung muss man sich für verschönerbar halten, also hässlich finden.
1.2 Je mehr man an Verschönerung glaubt, desto mehr glaubt man tun zu müssen, um zur Schönheit zu gelangen – aber so kommt man niemals bei ihr an.
1.3 Auch die Schönheit eines Objektes „an sich“ im willenlosen Anschauen (z.B. Sonnenuntergang) ist noch Verschönerung, weil man sich selbst noch nicht als Maß aller Schönheit erkannt hat.
1.4 Wenn man sich jedoch als wollendes, schaffendes, unsteigerbar schönes Lebewesen auf die Welt einlässt und sich unbedingt angehen lässt, wird man viele unsteigerbar schöne und großartige Dinge erleben.
1.5 Wer sich selbst für die Welt öffnet, der gewinnt seine persönliche Freiheit aus der Nähe zu seinen Mitmenschen, der verschenkt umsonst Freiheit, wie er sie zuvor umsonst erhalten hat, der hat unheimlich viel Liebe zu geben, der vergibt und bereut, der versöhnt die Menschen und würdigt jeden Moment als Höhepunkt des Lebens.
1.6 Wer für sich die Liebe mit handelnden Händen entdeckt hat, der setzt immer wieder neu einen neuen, unverbrauchten Anfang, der macht, dass jeder Tag zum ersten Tag der Schöpfung wird.
1.7 Wir bewundern Kinder und halten alle ihre Spiele für lebendig und höchst angemessen, und wir brauchen das Kind in uns selbst dabei nicht vergessen oder verleugnen.
1.8 Wer sich nämlich laufen und rennen lässt, dem werden alle seine Handlungen und Erfahrungen als so schön und so reich erscheinen, dass er sich damit allen möglichen Drogen und Verschönerungen uneinholbar überlegen weiß und abends aus besseren Gründen totmüde ins Bett fällt.
1.9 Der Körper, als eine Vorfreude auf höhere Freude, als ein Vorgriff des Lebens auf den Wald des Warmen Regens schon in dieser zivilisierten Welt, ist: Klettern auf einen Baum, Schwimmen in einem See, Buddeln am Strand, Barfuß-Rennen auf einer Wiese, Purzelbäume machen, Bergsteigen, Spazierengehen in der Mittagshitze oder in der Dämmerung, Früchte pflücken, Trinken aus einem Bach, Sex haben
2 Aus Opfern werden Ex-Opfer.
2.1 Durch meinen Blick auf meine letzte Abhängigkeit und Endlichkeit bekomme ich den Hang, die Wirklichkeit endgültig mit meiner Denkbarkeit und Wünschbarkeit zu rechtfertigen.
2.2 So sehr ich aber auch mein Leben bejahen will und sogar kann, so sehr bejahe ich doch nur meinen Ja-Nein-Dualismus, meine zuerst überwundene und dann vielleicht mit eigenen Gründen wieder eingeführte Moral, mein gutes Gewissen – und zwar unabhängig vom Inhalt.
2.3 Auch all das, was der Himmel (auf Erden) jemals sein kann, was Gott jemals für den Menschen tun kann, womit Gott den Menschen jemals angehen kann, kann nur anfanghaft Inhalt des Lebens und Schönheit des Körpers vollbringen.
2.4 Denn da jede mögliche Kultur auf eine gewisse Weise immer Opferung und Zurückstellen der eigenen Schönheit und Lebendigkeit und Körperlichkeit bedeutet, bekommt das Leben Inhalt und Schönheit in vollem Maße genau dann wieder, wenn das gute Gewissen und alle Kultur überwunden sind.
2.5 Zwar gab es noch nie ein kulturloses Lebewesen, nicht einmal ein Tier, aber dennoch ist Kultur nur eine kontingente Eigenschaft des Lebens.
2.6 Im Überschwang der vorwegnehmenden Vorfreude schafft man nach und nach die physischen Elemente der Kultur ab, so dass die Menschen immer mehr zum Leben herausgefordert und gefördert werden und die leiblichsten Menschen leben werden.
2.7 Als Konsequenz daraus verschwindet auch noch die Kultur im Kopf, das gute Gewissen, der Zwang zur Bejahung, der Glaube an die eigene Sterblichkeit, überhaupt das Denken, weil das nun entdeckte Leben so reich ist, dass sich das Denken durch sich selbst obsolet gemacht hat, indem es sich von seinem gewünschten Inhalt hat einholen und überholen lassen.
2.8 Damit löst sich endlich die Paradoxie der Frage nach der Würdigung des Körpers, denn der Körper ist: Nicht "präreflexiver Leib", nicht "mein Körper", nicht "interaktives In-Der-Welt-sein", nicht "durch die Seele geformter Leib", nicht "possession", nicht „die Gene“, nicht "die Triebe", nicht "die Sinne", nicht "die Organe", nicht "Ästhetik", nicht „Fitness“, nicht "Hülle" - sondern im Wald des Warmen Regens ist der Körper als das perpetuum mobile des Lebens die unüberholbar maximale (superlativische), nicht mehr selbstvernichtende, nicht mehr selbsterniedrigende, lebendige Vereinigung von Willigkeit und Möglichkeit und Fähigkeit.
2.9 Wald des Warmen Regens, äquatorialer Regenwald, Tageszeitenklima, Essen, Trinken, Laufen, Rennen, Springen, Klettern und Schlafen
3 Solange der Wald des Warmen Regens eine Anschauung, ein Ideal bleibt, so ist er einerseits als (Ver-)Ortung des Himmels auf Erden Vorfreude, Antriebskraft, Hoffnung auf Steigerung der Vitalität schon in dieser Welt sowie kritisches Korrektiv zur Kultur, andererseits aber auch die radikalste Form der Kultivierung, der Selbstopferung, der Entkörperlichung, der Verschönerung, und als Teil meines guten Gewissens Denken par excellence.

Die Abschaffung der Schönheit

Dass ich Verschönerung für das Gegenteil von Schönheit halte, dürfte so ziemlich jedem bekannt sein. Ich möchte aber (mal wieder) verdeutlichen, dass das nicht nur eine dumme Meinung von mir ist.

Der nächste Faschismus wird sich als Antifaschismus tarnen. (Dabei wird er behaupten, dass es ihm um notwendige Gegenwehr geht, aber dann selbst so harte Maßstäbe anlegen, dass Zweifel an ihm eine Todsünde wird.)
Die nächste Form der Rassenhygiene wird sich als Multikulti-Vision tarnen. (Um der Züchtung einer gut gearteten Gesellschaft willen, muss alles Außenstehende assimiliert oder vernichtet werden.)
Die nächste Verschönerungswerbung wird sich als Weg zur Schönheit tarnen.

Strukturell sind alle Sätze identisch. Alle Aussagen befreien den Menschen von verabsolutierenden totalitären Meinungen. Wahrheit lässt sich nicht vereinnahmen, also liegt die Schönheit im Auge des Betrachters. Und gerade im letzten Fall ist die Befreiung auch schon positiver Teil der Gesellschaft geworden: Wo es die Menschen nämlich ablehnen zu sagen, dass sie sich schön machen für andere, da haben sie als Ausweg aus ihrem Dilemma immer noch die Möglichkeit zu sagen, dass sie es für sich selbst tun. Und die Werbung unterstützt sie noch mit der Verlockung, dass man doch endlich seine eigenen, selbst gesteckten Schönheitsmöglichkeiten entdecken solle, um zum eigenen Schönheitsideal zu gelangen.
Aber sie tun es nicht für sich selbst, sondern nur weil sie immer noch auf den Imperativ hören, dass sie zu ihrer eigenen Schönheit finden sollen. Die Schönheitsindustrie ist eben nicht daran interessiert, Bedürfnisse zu befriedigen, sondern zu wecken, so dass man niemals mit sich zufrieden sein kann, niemals bei seiner Schönheit ankommen kann. Man entfernt sich gar noch von sich selbst, wenn man zu sich kommen will, so wie man auch gerade dann besonders radikal ist, wenn man vorgibt gegen Radikalität zu sein.
Also akzeptiert euch endlich, damit sich eure vermeintliche Selbstliebe nicht schlussendlich als Selbsthass entpuppen kann, damit ihr eure Schönheit nicht abschafft. So wie ihr seid, seid ihr genau richtig.
Schönheit ist das Wissen darum, dass man nichts tun braucht und nichts tun kann, um schön zu sein, sondern eben genau so schön ist, wie man eben ist.

Sprüche (13)

Es heißt, die oberflächlichsten Menschen hätten die meisten Freunde. - Ich aber will nicht nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner, sondern nach dem größten gemiensamen Zähler suchen. Wer weiß, vielleicht lässt sich der Nenner ja auf diese Art besser wegkürzen...

Ich hätte zuerst Philosophie studieren sollen. dann würde ich jetzt in ihr nicht so eine große geistige Not empfinden...

Dass aus Opfern Ex-Opfer werden, bedeutet, dass man sich nicht mit dem Opfer-Status abfindet, indem man das Opfer-Sein auf den Zustand der Kultiviertheit zurückführt und Kultur nicht als notwendigerweise mit dem Wesen des Menschen Verschmolzenes sieht. Wenn wir klettern statt tanzen und nicht mehr ab- sondern zuschalten, dann sind wir Ex-Opfer.

"Ich tue das 'für mich selbst'!" - das ist entweder redundant oder falsch, da es zum Einen keine selbstlosen Handlungen gibt und es zum Anderen das höchste Mit-sich-versöhnt-Sein bedeutet, sich für unsteigerbar liebenswert zu halten.

Bei einer Präsentation in der Uni kommt es auf den Informationsgehalt des Gesagten und nicht auf die visuellen Effekte an. Darin sind sich alle einig! - Wenn wir uns verschönern, wollen wir jedoch für unsere Ästhetik geliebt werden und merken nicht, dass wir unseren Eigenwert damit gerade geleugnet statt herausgestellt haben.

Donnerstag, 7. Oktober 2010

Das sozialistische Wesen, JvGuB 62

Zuletzt freilich, um solchen Sozialismen auch die schlimme Gegenrechnung zu machen und ihre unheimliche Gefährlichkeit an's Licht zu stellen: - es bezahlt sich immer theuer und fürchterlich, wenn Sozialismen nicht als Züchtungs- und Erziehungsmittel in der Hand des Philosophen, sondern von sich aus und souverän walten, wenn sie selber letzte Zwecke und nicht Mittel neben anderen Mitteln sein wollen. Es giebt bei dem Menschen wie bei jeder anderen Thierart einen Überschuss von Missrathenen, Kranken, Entartenden, Gebrechlichen, nothwendig Leidenden; die gelungenen Fälle sind auch beim Menschen immer die Ausnahme und sogar in Hinsicht darauf, dass der Mensch das noch nicht festgestellte Thier ist, die spärliche Ausnahme. Aber noch schlimmer: je höher geartet der Typus eines Menschen ist, der durch ihn dargestellt wird, um so mehr steigt noch die Unwahrscheinlichkeit, dass er geräth: das Zufällige, das Gesetz des Unsinns im gesammten Haushalte der Menschheit zeigt sich am erschrecklichsten in seiner zerstörerischen Wirkung auf die höheren Menschen, deren Lebensbedingungen fein, vielfach und schwer auszurechnen sind. Wie verhalten sich nun die Sozialismen zu diesem Überschuss der misslungenen Fälle? Sie suchen zu erhalten, im Leben festzuhalten, was sich nur irgend halten lässt, ja sie nehmen grundsätzlich für sie Partei, als Parteien für Leidende, sie geben allen Denen Recht, welche am Leben wie an einer Krankheit leiden, und möchten es durchsetzen, dass jede andre Empfindung des Lebens als falsch gelte und unmöglich werde. Möchte man diese schonende und erhaltende Fürsorge, insofern sie neben allen anderen auch dem höchsten, bisher fast immer auch leidendsten Typus des Menschen gilt und galt, noch so hoch anschlagen: in der Gesammt-Abrechnung gehören die bisherigen, nämlich souveränen Sozialismen zu den Hauptursachen, welche den Typus "Mensch" auf einer niedrigeren Stufe festhielten, - sie erhielten zu viel von dem, was zu Grunde gehn sollte. (...) [W]enn sie den Leidenden Trost, den Unterdrückten und Verzweifelnden Muth, den Unselbständigen einen Stab und Halt gaben und die Innerlich-Zerstörten und Wild-Gewordenen von der Gesellschaft weg in Resozialisierungsmaßnahmen und seelische Zuchthäuser lockten: was mussten sie ausserdem thun, um mit gutem Gewissen dergestalt grundsätzlich an der Erhaltung alles Kranken und Leidenden, das heisst in That und Wahrheit an der Verschlechterung der europäischen Rasse zu arbeiten? Alle Werthschätzungen auf den Kopf stellen - das mussten sie! Und die Starken zerbrechen, die grossen Hoffnungen ankränkeln, das Glück in der Schönheit verdächtigen, alles Selbstherrliche, Männliche, Erobernde, Herrschsüchtige, alle Instinkte, welche dem höchsten und wohlgerathensten Typus "Mensch" zu eigen sind, in Unsicherheit, Gewissens-Noth, Selbstzerstörung umknicken, ja die ganze Liebe zum Besitztum und zur Herrschaft über die Erde in Hass gegen die Erde und das Besitztum verkehren - das stellte[n] sich die Sozialismen zur Aufgabe und musste[n] es sich stellen, bis für ihre Schätzung endlich "Besitzlosigkeit", "Opferstatus" und "höherer Mensch" in Ein Gefühl zusammenschmolzen. Gesetzt, dass man mit dem spöttischen und unbetheiligten Auge eines epikurischen Gottes die wunderlich schmerzliche und ebenso grobe wie feine Komödie de[r] europäischen Sozialismen zu überschauen vermöchte, ich glaube, man fände kein Ende mehr zu staunen und zu lachen: scheint es denn nicht, dass Ein Wille über Europa durch achtzehn Jahrhunderte geherrscht hat, aus dem Menschen eine sublime Missgeburt zu machen? Wer aber mit umgekehrten Bedürfnissen, nicht epikurisch mehr, sondern mit irgend einem göttlichen Hammer in der Hand auf diese fast willkürliche Entartung und Verkümmerung des Menschen zuträte, wie sie der sozialistische Europäer ist, müsste er da nicht mit Grimm, mit Mitleid, mit Entsetzen schreien: "Oh ihr Tölpel, ihr anmaassenden mitleidigen Tölpel, was habt ihr da gemacht! War das eine Arbeit für eure Hände! Wie habt ihr mir meinen schönsten Stein verhauen und verhunzt! Was nahmt ihr euch heraus!" - Ich wollte sagen: d[ie] Sozialismen war[en] bisher die verhängnissvollste Art von Selbst-Überhebung. Menschen, nicht hoch und hart genug, um am Menschen als Künstler gestalten zu dürfen; Menschen, nicht stark und fernsichtig genug, um, mit einer erhabenen Selbst-Bezwingung, das Vordergrund-Gesetz des tausendfältigen Missrathens und Zugrundegehns walten zu lassen ; Menschen, nicht vornehm genug, um die abgründlich verschiedene Rangordnung und Rangkluft zwischen Mensch und Mensch zu sehen: - solche Menschen haben, mit ihrem "Gleich in Allem", bisher über dem Schicksale Europa's gewaltet, bis endlich eine verkleinerte, fast lächerliche Art, ein Heerdenthier, etwas Gutwilliges, Kränkliches und Mittelmässiges, herangezüchtet ist, der heutige Europäer ....

Donnerstag, 16. September 2010

Das Ende aller Theologie

Die Theologen sagen: "Das Ende aller Theologie ist Gott!" - Korrekt müsste es heißen: "Gott ist das Ende aller (negativen) Theologie!"

Freitag, 27. August 2010

Sprüche (12)

Wir schreiben immer nur die Geschichte, die gesiegt hat oder die Geschichte, die hätte siegen sollen (Sieger- und Verlierergeschichte), aber wir schreiben niemals die Geschichte, die nicht gesiegt hat und die auch nicht hätte siegen sollen. - Tiefes, langes Schweigen. Demut. (Dieser Gedanke ist nicht gleichbedeutend mit der Tatsache, dass Geschichtsschreibung notwendigerweise diesseits von Gut und Böse ist.)

Die Tage, für die wir alles vorbereitet, geplant, inszeniert haben, für die wir uns so unter Druck setzen, dass alles gut geht, wo weniger als perfekt zu einem Weinkrampf führen könnte - das sind nicht die Höhepunkte unseres Lebens, sondern unsere Tiefpunkte: das erste Date, kirchliche Feste, Hochzeit. Wer sich allerdings vornimmt, unvorbereitet in alle möglichen Situationen hinein zu gehen und alles auf sich zukommen zu lassen, der hat immer noch nichts verstanden.
"Urin und Schweiß sind sauberer als Wasser, und/denn die Menschen sind nackt, sie gehen sich und/als die Welt unbedingt an, wahrlich, aus Opfern wurden Ex-Opfer."

Bei einem Fetisch instrumentalisieren wir nicht zuerst die Gegenstände, von welchen wir unsere Reize empfangen, sondern davor noch uns selbst als willige Empfänger dieser Reize.

Montag, 23. August 2010

"Wann Lügen wünschenswert ist.."

Unter dieser Überschrift gibt der Philosoph Stephan Sellmaier seine Ansichten zum Thema Lügen in einem Interview mit n-tv.de weiter.

Darin hat mich die Passage zur Notwendigkeit der Lüge besonders angegangen. Sellmaier behauptet nämlich, dass manche Lügen wichtig sind, um z.B. einem Mörder nicht das Versteck des Opfers zu verraten oder einen Therapieverlauf durch "die Wahrheit" nicht unnötig negativ zu beeinflussen. Die Wahrheit jedoch ist, dass er keine Gedanken mehr an eine wirklich (von der Lüge) befreite Welt verschwendet, sondern er bekräftigt mit seiner Rechtfertigung der Notlüge letztlich nur die aktuelle Situation in dieser Gesellschaft. Paternalismus (der Eingriff in die Autonomie eines Menschen gegen seinen Willen zu seinem Vorteil) beispielsweise ist auch nur dann überhaupt nötig und möglich, wenn man dem Individuum vorher seine Einsicht und seine Entscheidungskraft abgesprochen hat. Welch Ironie: Wir erziehen Kinder dazu, nicht zu lügen, aber behandeln gleichzeitig erwachsene Menschen bewusst wie unmündige Kinder.
Müsste man nicht eine Welt erfinden, die so gut und reich an Leben ist, dass....?

Richten und Retten

"...denn ich bin nicht gekommen, um die Welt zu richten, sondern um sie zu retten" (Joh 12,47).

Eine Handlung tun, die nicht der gewöhnlichen Konsequenz folgt, die nicht der rationalen Handlungslogik entspricht - das ist ganz wenigen Menschen vergönnt. Wer hat einerseits so einen Einblick in die Handlungs- und Wirkzusammenhänge und dann auch noch so viel Willen und so viel Macht, dass er nicht nur nicht die Welt verurteilt, sondern sie tatsächlich rettet, zum Guten verändert? Die Evangelien wurden aufgeschrieben, weil man Jesus dies durch seine Handlungen zugetraut hat, man fühlte sich von ihm verändert, man war verändert.

Ich habe ebenso diesen Anspruch, nicht zu richten, sondern zu retten. Kennt ihr mein Kriterium, meine Wetterscheide, wo das wirkliche Leben anfängt und wo trotz guter Absichten diese Welt noch zementiert wird? - "Wald des Warmen Regens", "Die Würdigung des Körpers", "Die (Ver-)Ortung des Himmels", "Diesseits", "Im Dasein kletternd da sein"

Dienstag, 17. August 2010

Sprüche (11)

Von einem Kommentar-Schreiber zu einem Online-Artikel der "Jungen Freiheit":
"Der nächste Faschismus wird sich als Antifaschismus tarnen."

Ich frage mich, in was für einer Welt wir leben, in der wir es großartig finden, "neue Leute" kennen gelernt zu haben. (Die Spannweite von dem, was wir als "nett" beschreiben, kann so groß sein, dass es an Beliebigkeit grenzt, wen wir da konkret getroffen haben. Aber vielleicht nehmen sich die meisten Leute selbst so unwichtig, dass...)

Arroganz der Macht - In den Ohren der Ohnmächtigen ein Vorwurf, in den Ohren der Mächtigen eine Tautologie.

Wenn Weisheit nicht umgesetzt wird, dann bleibt sie leer. Aber wenn einfach nur gehandelt wird ohne Weisheit - soll/kann das dann die Erfüllung schlechthin sein?

Montag, 2. August 2010

Lügen und Nicht-verstanden-werden

Was ist der Unterschied zwischen Lügen und Nicht-verstanden-werden?

Ich will nicht mehr lügen müssen.
Ich will endlich gut sein dürfen.
Ich will endlich verstanden werden.

Versteht ihr überhaupt, was ich meine?

Freitag, 30. Juli 2010

Hide und Hype/Wegducken und Überhöhen

Wer mich gut kennt, der weiß, dass ich gerne einmal spontan Liedtexte umdichte. Dabei ist mir bei einigen englischsprachigen Liedern aufgefallen, dass man den Begriff "'hide" in so ziemlich jedem Fall durch "hype" ersetzen kann.

Milk Inc - Livin a lie...
I hide/HYPE away my fear
Hoping no one will come near
Cause they can't see me
when I'm trying to be me
Living a lie
Tell me why I run and hide/HYPE...


Freeloader - Pure devotion

...Feel the vibe and step inside
No, you know you cannot hide/HYPE...

Neo Cortex - Elements
Feel this fire deep inside
Burning strong where you can't hide/HYPE

Bei diesen Beispielen sollte klar geworden, dass "Wegducken" und "Überhöhen" zwei ähnliche Weisen sind, eine Situation zu bewältigen. Im ersten Fall lasse ich die Sache nicht an mich heran, indem ich mich ihr entziehe - im zweiten Fall lasse ich sie nicht an mich heran, indem ich mich in einem krankhaften Wahn mit ihr identifiziere.
Sollte es nicht eine Welt geben, die so reich und wertvoll und lebenswert ist, dass man sich ihr nicht entziehen will und die man auch gar nicht mehr überhöhen kann? Für mich fällt diese Welt, Wald des Warmen Regens, mit der Würdigung des Körpers zusammen. Dort will man weder seinen Körper schamhaft verstecken noch ihn verschönern.

Und schauen wir noch einmal auf diese Welt: Wer sich ohnmächtig fühlt, seine Macht herauszulassen und andere anzugehen, der zieht sich auf sich selbst zurück, speziell auf seinen Körper, und stilisiert ihn hoch zum entscheidenden Moment der Begegnung mit anderen Menschen. Dann fühlt man sich plötzlich nicht mehr gedanklich minderwertig, sondern nur noch "hässlich". Und zum Glück hat man ja noch die durch Industrie und Gesellschaft vorgelebte Möglichkeit, sich attraktiver zu machen, damit man nicht mehr auf andere zugehen muss, sondern damit die anderen auf einen zukommen. Dass man sich damit in eine noch stärkere Minderwertigkeitssituation begibt, dürfte den allermeisten aber nicht klar sein - stattdessen benutzen sie fortan ihren "erhöhten Leib" als Machtmittel und verteufeln die, die ihre "objektive Schönheit" nicht als solche erkennen.
Denen (und am besten auch allen, die ich gestern im Tattoo-Studio, in der Hölle auf Erden, gesehen habe) will ich sagen: Versteckt euren Körper nicht und überhöht ihn nicht. "Man kann besser die Schminke oder den Herd vergessen - als sich selbst." Damit sich eure Selbstachtung nicht als Selbstverachtung entlarven lassen kann. Wahrlich. würdigt euren Körper nicht mehr als ästhetische Projektionsfläche, mit der man sonst nichts weiter anfangen kann, sondern werdet wie die Kinder und fühlt euch gut, so wie ihr seid, nämlich vollkommen liebenswert und vollkommen lebenswert.

Rauchen im Gottesreich

Wenn man vor der Fakultät für Kath.Theologie Raucher sieht, dann drängt sich einem unweigerlich der Verdacht auf, dass diese Menschen irgendwie nicht wissen, was Erlösung heißt. Man würde ihnen am liebsten ein klein wenig ironisch in Anspielung an Jesaja sagen:

"Raucht ihr nicht, so bleibt ihr nicht!"

Und wirklich: würden sie nicht rauchen, wer wären sie dann noch? Würden sie sich noch wohl fühlen in ihrer eigenen Haut? - Möglicherweise leuchtet ihnen folgende Frage nicht einmal ein: Glaubt ihr, dass es im Himmel noch Zigaretten gibt?
1.Es gibt Zigaretten noch und man raucht auch noch, aber es bringt einen nicht mehr um.
2.Es gibt noch Zigaretten und es würde einen noch umbringen, aber man hat kein Verlangen mehr danach.
3.Es gibt keine Zigaretten mehr und auch kein Verlangen mehr danach.

Was bedeuten diese drei Alternativen für diese Welt? Sind das alles reine Utopien?

Dienstag, 27. Juli 2010

Gut aussehen und Schön sein

Viele Leute verwechseln einfachhin diese beiden Elemente, die ich aber ganz unterschiedlich benutze.
Gut aussehen wird jemand, der bestimmte Körpereigenschaften besitzt; für mich persönlich heißt das, dass jemand vorzugsweise blond oder rothaarig sein würde, dazu sportlich gebaut und eine mir zusagende Gesichtsform - welche das genau ist, kann ich jetzt gerade nicht einmal so genau sagen.

Schön dagegen ist jemand genau dann, wenn er sich nicht für verschönerbar hält, wenn er also weiß, dass sein Aussehen Gott gegeben ist und er sich weder besser noch anders haben will. Dafür sollte er bzw- sie sich nicht schmücken oder schminken, nicht die Haare färben oder die falschen Schuhe anziehen. Auch das Haare rasieren würde am Aussehen selbst kaum etwas ändern, aber es würde sehr wohl die Schönheit entwerten. Schönheit hat für mich demnach auch nur sekundär etwas mit dem Aussehen zu tun und viel eher mit einer menschlichen Praxis. Sanftmut, schenkende Tugend, die Fähigkeit zu vergeben, der Wille zum Gut-Sein - all das sind Eigenschaften eines schönen Menschen, eines Menschen, der sich immer wieder von den Dingen dieser Welt ergreifen lässt und dabei sich selbst akzeptiert, wie er ist, und stattdessen seine ganze Macht und (auch seinen Körper) in die Dinge legt, die ihm wirklich wichtig sind.

Update: "Wenn die Macht herabkommt ins Sichtbare" - das ist Schönheit! Wenn das Selbstvertrauen leuchtet, dann ist jemand schön und dann sieht er automatisch gut aus, unabhängig von irgendwelchen Eindrücken.
Und dies geht nur an dich, Liebling, damit du weißt, dass ich dich so liebe, wie du bist: Deine braunen Haare sind schön, so wie sie sind, und du brauchst keine Sorge haben, dass ich irgendeiner hinterher schaue, die eine der beiden oben genannten Haarfarben hat. Du bist für mich die schönste und bestaussehendste Person. Denn aus deiner Schönheit allein leite ich dein gutes Aussehen ab.

Mittwoch, 21. Juli 2010

Der Körper als Blinddarm eures Geistes...

"Der Körper als Blinddarm eures Geistes..." - Wie? Ist das etwa nur ein neuer Ausdruck für etwas, das ich schon immer so gesagt habe? Der Körper nämlich als etwas, bei dem man froh ist, wenn es nirgendwobei stört? Und worauf man verzichten kann, wenn es Stress macht?
Das einzige, was ihr hiergegen einwenden werdet, ist, dass ich genau das beklage, wenn ihr Alkohol trinkt; dass ich euch vorwerfe, zu gut auf euren Geist (UND auf euren Körper) verzichten zu können...
Es gibt ein Leben, das so reich ist, dass auch die aufputschendste Droge noch als eine Verarmung von Dasein erfahren wird - was gehen mich noch eure Drogen an?

Mittwoch, 14. Juli 2010

..und Scham wird zu radikaler Offenheit.

Kehrt um und tut Buße! Das Reich der Himmel ist nah.

Sonntag, 11. Juli 2010

Für den Moment leben vs. Den Moment leben

Es ist ein großer Unterschied, ob ich für den Moment lebe oder ob ich den Moment lebe.

Samstag, 10. Juli 2010

Nationalmannschaft und Integration

Was wurde in den letzten Wochen viel über die gelungene Integration geschwärmt, mit der unsere Nationalmannschaft alle Migrationsprobleme umschifft hat und zu einer Mannschaft zusammen gewachsen ist. Dabei wäre es beinahe schon unfair, auf einen konkreten Artikel zu verweisen; eigentlich war sich die ganze Presselandschaft einig. - Naja, ein nationalkonservaties Blatt, die Junge Freiheit, hielt mit zahlreichen Artikeln dagegen, unter anderem hier mit sieben Argumenten, warum die Instrumentalisierung des Fußballs für gelungene Integration doch ein wenig zu weit führt.

Ich neige ja dazu, den Integrationsvorsprung der Nationalmannschaft ebenso darin zu sehen, dass Assimilation stattgefunden hat und sich durch das gemeinsame Ziel gerade keine Parallelgesellschaft entwickeln konnte. Aber hier sollte man auch klar erkennen, dass die "rein deutschen" Spieler in Interviews gerne von ihrem Nationalstolz bei der Hymne reden und sich gerne vor tausenden Fans in Berlin feiern lassen, es ihnen dabei aber primär um das Fußballspielen geht und sie sich eher zufällig mit dem Land identifizieren, in dem sie von Geburt an gelebt haben. Und so wie das Fahnenschwenken in fast keinem Fan dauerhaft das Bedürfnis nach mehr Patriotismus auslösen wird, so ist auch die Nationalmannschaft eigentlich gar kein Beispiel für Integration, sondern sie ist vielmehr reine Auslese des besten Systems, um Fußball zu spielen. Real mit dem Nachbarn auszukommen und froh zu sein, ihn neben sich zu haben, sich mit gutem Gewissen zu achten und sich mal ein Ei oder ein Ohr zu leihen oder etwas gemeinsames zu unternehmen - das ist der wahre Clou von menschlichem Miteinander, welches das Wort "Integration" nivelliert, weil es eben nichts mehr zu integrieren gibt.

PS: Auch wir haben hier zu Hause unsere Deutschlandfahne mit Beginn der WM installiert und mein Vorschlag, sie "wie die Amerikaner" dauerhaft hängen zu lassen, dürfte familienintern angenommen werden. Ich bin allerdings schon gespannt auf die Nachbarn, die uns entweder vorwerfen werden, dass die WM doch schon lange vorbei sei, oder die die Fahne einfach rein mit der WM und dem Fußball verbinden und weniger mit den Deutschen als Volk. Ich werde am Ball bleiben.

PPS: Bei der ganzen Debatte um Integration darf natürlich nicht vergessen werden, dass es perfektes Miteinander innerhalb eines Staatswesens, sei es auch noch so bejahbar, immer nur relativerweise geben kann. Erst im Wald des Warmen Regens werden die Dualismen, mit denen wir uns unsere Werte und Wirklichkeiten erklären und konstruieren, wirklich durch ein so reichhaltiges Leben ersetzt, dass jedes Wort von Erkennen und Handeln und Integration zu spät käme.

Dienstag, 6. Juli 2010

Erfahrene Erlösung

Eben im Kirschbaum habe ich erfahren, was Erlösung ist:

Vor wenigen Tagen musste ich noch den ganzen Baum absuchen, um einige wenige reife Kirschen pflücken zu können. Gerade jedoch haben meine Hände nicht ausgereicht, um den ganzen Reichtum zu fassen. Und nun verschenke ich alles, was ich gesammelt habe, weil alles im Überfluss vorhanden ist. Ich gebe umsonst weiter, was ich umsonst bekommen habe. Endlich liebe ich das Leben.

Sommer-Hygiene am Arbeitsplatz

Heute morgen las ich in der Zeitung, dass Arbeitgeber ihre Angestellten auffordern, jetzt bei den hochsommerlichen Temperaturen auf ein Mindestmaß an Körperhygiene zu achten, welches tägliches Duschen, Klamotten-Wechseln und Deo umfasst.

Was zunächst einmal wie selbstverständlich klingt, wird bei den konkreten Anweisungen schon ein wenig kritischer. Denn Deo überdeckt entweder nur den Schweißgeruch oder verhindert das Schwitzen generell, was aber gerade bei solch hohen Temperaturen gerade nicht förderlich ist. Der wirkliche Sinn muss also darin liegen, aus moralisch-schambeladenen Gründen das Schwitzen zu unterdrücken; damit man keine Flecken im Hemd hat oder damit die Klamotten nicht riechen. Die erste Begründung ist lächerlich, weil es sicherlich in keinem Naturgesetz steht, dass man nicht schwitzen darf; die zweite Begründung beinhaltet so viel Wahrheit, dass eben nicht der Schweiß riecht, sondern die Klamotten. Da wäre es also praktischer, erst gar keine Klamotten anzuziehen, um sich selbst auch noch alle Gründe zu nehmen, Deo zu benutzen. Wenn man überall frisches Wasser und Bewegung hätte, dann würde sich das mit dem täglichen Duschen sogar erledigen, weil man dann den Unterschied zwischen Sauberkeit und Unsauberkeit aufheben würde. Unnötig zu sagen, dass der WDWR hier der beste Ort wäre.

"Urin und Schweiß sind sauberer als Wasser, denn/und die Menschen sind nackt."

"Wer hörte schon einmal etwas von der Sauberkeit vor dem Waschen? - Dies ist meine Treppe zur Überwindung der falschen Moralität:
A) Du riechst nach Schweiß! - "Ja, ich soll mich schämen und das tue ich auch."
B) Du riechst nach Schweiß! - "Ja, es ist so lange schlimm, wie wir noch stinkende Kleidung tragen."
C) Du riechst nach Schweiß! - "Ja, ich rieche nach Schweiß."
D) ..."

Sonntag, 4. Juli 2010

Zwei Dinge, die ich will

Ich will nicht mehr lügen müssen.

Ich will endlich gut sein dürfen.

Zwei mal jenseits des Bösen

Ich habe gelernt, nicht böse zu sein - nun lerne ich gerade, gut zu sein!
Erhöht ist mein Körper und auferstanden; mit seiner Wonne entzückt er meinen Geist, dass ich Schöpfer werde und Schätzer und Liebender und aller Dinge Wohltäter.

Samstag, 3. Juli 2010

Party, wie ihr sie versteht...

Party, wie ihr sie versteht, ist der Ort, wo der langsame Selbstmord Aller "das Leben" heißt.

Freitag, 2. Juli 2010

Gott ist ein Regenwald

Gott ist ein Regenwald, ein leuchtender, der auf alles drumherumliegende abstrahlt und dich zu ihm lockt: Hier, komm her, ich bin dein Paradies.
Und wenn du zu mir kommst, dann will ich dich nicht überwältigen, sondern nur anhauchen mit meiner Liebe und Güte und Lebendigkeit; wenn du in mich eingehst, dann wirst du nicht untergehen, sondern dann wirst du gut aufgehoben sein; alle Unwägbarkeiten werden zu neuen Sicherheiten, Zögern wird zum Rennen, Stillsitzen wird zum Klettern und Scham wird zu radikaler Offenheit.

Donnerstag, 1. Juli 2010

Sprüche (10)

Von einem anonymen SMS-Schreiber aus Berlin:
"Liebe - noch so ein Problem, das Marx nicht gelöst hat."

Ich gewinne meine persönliche Freiheit aus der Nähe zu meinen Mitmenschen - nicht aus Distanz!

Nicht Liebe mit sehenden Augen, sondern Liebe mit handelnden Händen! (Wo Nietzsche nur lieben kann, indem er dem Leiden schonungslos ins Gesicht blickt, und er es schon als gerecht ansieht, wenn er von Schuld und Strafe absieht, dort glaube ich daran, dass es vielmehr auf den ankommt, der heilt. Die göttliche Gerechtigkeit hält nichts davon, das Leiden an sich zu bejahen, sondern höchstens als Aufweis für Heilungsmacht, wenn sie spricht: "Du hast nicht gesündigt, sondern [dies geschieht,] damit die Werke Gottes offenbar werden an dir!", oder als etwas, das im nächsten Moment jede Bedeutung verloren hat: "Dein Glaube hat dich geheilt!").

"Die Welt ist zu kompliziert - oder wir zu moralisch!" -- Oder wir sind zu unmoralisch! - Aber mal ehrlich: Kommt falsche Moralität und falsche Immoralität nicht auf das gleiche heraus? Leichter ist es doch zu sagen: Die Welt ist ein Hort des Lebens und wir dürfen lebendig sein: WDWR!

Der Körper: Schönheit und Ex-Opfer

1 Verschönerung ist das Gegenteil von Schönheit und nicht ihr Superlativ.
1.1 Für Verschönerung muss man sich für verschönerbar halten, also hässlich finden.
1.2 Je mehr man an Verschönerung glaubt, desto mehr glaubt man tun zu müssen, um zur Schönheit zu gelangen – aber so kommt man niemals bei ihr an.
1.3 Auch die Schönheit eines Objektes „an sich“ im willenlosen Anschauen (z.B. Sonnenuntergang) ist noch Verschönerung, weil man sich selbst noch nicht als Maß aller Schönheit erkannt hat.
1.4 Wenn man sich jedoch als wollendes, schaffendes, unsteigerbar schönes Lebewesen auf die Welt einlässt und sich unbedingt angehen lässt, wird man viele unsteigerbar schöne und großartige Dinge erleben.
1.5 Wer sich selbst für die Welt öffnet, der gewinnt seine persönliche Freiheit aus der Nähe zu seinen Mitmenschen, der verschenkt umsonst Freiheit, wie er sie zuvor umsonst erhalten hat, der hat unheimlich viel Liebe zu geben, der vergibt und bereut, der versöhnt die Menschen und würdigt jeden Moment als Höhepunkt des Lebens.
1.6 Wer für sich die Liebe mit handelnden Händen entdeckt hat, der setzt immer wieder neu einen neuen, unverbrauchten Anfang, der macht, dass jeder Tag zum ersten Tag der Schöpfung wird.
1.7 Wir bewundern Kinder und halten alle ihre Spiele für lebendig und höchst angemessen, und wir brauchen das Kind in uns selbst dabei nicht vergessen oder verleugnen.
1.8 Wer sich nämlich laufen und rennen lässt, dem werden alle seine Handlungen und Erfahrungen als so schön und so reich erscheinen, dass er sich damit allen möglichen Drogen und Verschönerungen uneinholbar überlegen weiß und abends aus besseren Gründen totmüde ins Bett fällt.
1.9 Der Körper, als eine Vorfreude auf höhere Freude, als ein Vorgriff des Lebens auf den Wald des Warmen Regens schon in dieser zivilisierten Welt, ist: Klettern auf einen Baum, Schwimmen in einem See, Buddeln am Strand, Barfuß-Rennen auf einer Wiese, Purzelbäume machen, Bergsteigen, Spazierengehen in der Mittagshitze oder in der Dämmerung, Früchte pflücken, Trinken aus einem Bach, Sex haben
2 Aus Opfern werden Ex-Opfer.
2.1 Durch meinen Blick auf meine letzte Abhängigkeit und Endlichkeit bekomme ich den Hang, die Wirklichkeit endgültig mit meiner Denkbarkeit und Wünschbarkeit zu rechtfertigen.
2.2 So sehr ich aber auch mein Leben bejahen will und sogar kann, so sehr bejahe ich doch nur meinen Ja-Nein-Dualismus, meine zuerst überwundene und dann vielleicht mit eigenen Gründen wieder eingeführte Moral, mein gutes Gewissen – und zwar unabhängig vom Inhalt.
2.3 Auch all das, was der Himmel (auf Erden) jemals sein kann, was Gott jemals für den Menschen tun kann, womit Gott den Menschen jemals angehen kann, kann nur anfanghaft Inhalt des Lebens und Schönheit des Körpers vollbringen.
2.4 Denn da jede mögliche Kultur auf eine gewisse Weise immer Opferung und Zurückstellen der eigenen Schönheit und Lebendigkeit und Körperlichkeit bedeutet, bekommt das Leben Inhalt und Schönheit in vollem Maße genau dann wieder, wenn das gute Gewissen und alle Kultur überwunden sind.
2.5 Zwar gab es noch nie ein kulturloses Lebewesen, nicht einmal ein Tier, aber dennoch ist Kultur nur eine kontingente Eigenschaft des Lebens.
2.6 Im Überschwang der vorwegnehmenden Vorfreude schafft man nach und nach die physischen Elemente der Kultur ab, so dass die Menschen immer mehr zum Leben herausgefordert und gefördert werden und die leiblichsten Menschen leben werden.
2.7 Als Konsequenz daraus verschwindet auch noch die Kultur im Kopf, das gute Gewissen, der Zwang zur Bejahung, der Glaube an die eigene Sterblichkeit, überhaupt das Denken, weil das nun entdeckte Leben so reich ist, dass sich das Denken durch sich selbst obsolet gemacht hat, indem es sich von seinem gewünschten Inhalt hat einholen und überholen lassen.
2.8 Damit löst sich endlich die Paradoxie der Frage nach der Würdigung des Körpers, denn der Körper ist: Nicht „res extensa“, nicht "durch die Seele geformter Leib", nicht "possession" (= nicht "mein Körper"), nicht „die Gene“, nicht "die Triebe", nicht "die Sinne", nicht "die Organe", nicht "Ästhetik", nicht „Fitness“, nicht "Hülle" - sondern im Wald des Warmen Regens ist der Körper als das perpetuum mobile des Lebens die unüberholbar maximale (superlativische), nicht mehr selbstvernichtende, nicht mehr selbsterniedrigende, lebendige Vereinigung von Willigkeit und Möglichkeit und Fähigkeit.
2.9 Wald des Warmen Regens, äquatorialer Regenwald, Tageszeitenklima, Essen, Trinken, Laufen, Rennen, Springen, Klettern und Schlafen
3 Solange der Wald des Warmen Regens eine Anschauung, ein Ideal bleibt, so ist er einerseits Vorfreude, Antriebskraft, Hoffnung auf Steigerung der Vitalität schon in dieser Welt sowie kritisches Korrektiv zur Kultur, andererseits aber auch die radikalste Form der Kultivierung, der Selbstopferung, der Entkörperlichung, der Verschönerung, und als Teil meines guten Gewissens Denken par excellence.

Freitag, 25. Juni 2010

Angst vor der Angst

Wenn ich in der Uni in den PC-Raum gehe, dann schließe ich meinen Rucksack nicht ein, sondern stelle ihn vor den Schließfächern ohne Behinderung für andere ab. - Es gab EIN Mal eine Situation, wo ich darauf angesprochen wurde bzw. indirekt aufgefordert wurde, meinen Rucksack einzuschließen. Ich sagte, ich hätte keine Angst davor, dass mein Rucksack wegkäme. Dann musste schon ein anderes Argument herhalten, das der Ordnung: Wenn nämlich alle so handeln würden wie ich, dann gäbe es das Chaos und man würde erst recht etwas verlieren. Doch wie schlecht ist dieses Argument in Wahrheit: Wenn alle ihre Sachen nicht einschließen würden, könnte man die Schließfächer abbauen und man hätte noch viel mehr Paltz, um seine Sachen abzustellen. - Diese Welt wird sich nie ändern, wenn sie nicht endlich Angst vor ihrer Angst bekommt, wenn nicht Vorsicht endlich einmal als das angesprochen wird, was sie ist: Degeneriertheit. Oder aber: Man überzeugt die Menschen endlich davon, dass die anderen genau so gut sind, wie man sich selbst gern darstellt - wer mit einer unverlierbaren Hoffnung in diese Welt schaut, der braucht zu guter Letzt nicht mehr hoffen, sondern dem werden alle Dinge so gut, wie sie sind.

Donnerstag, 17. Juni 2010

Moralität gestern und heute

Früher WOLLTEN wir unseren moralischen Widersacher töten, heute SETZEN wir ihn auf die ignore-list - Fortschritt oder Rückschritt?

Sonntag, 13. Juni 2010

Kompliziert vs. Moralisiert

Die Welt ist zu kompliziert - oder wir zu moralisch!

Donnerstag, 10. Juni 2010

Sprüche (9)

Dass unsere so geschätzte Demokratie notwendigerweise totalitäre Elemente beinhalten muss, zeigt, dass sie "von Voraussetzungen lebt, die sie selbst nicht schaffen kann" (Böckenförde). Ich als radikaler Frager nach dem Idealzustand überlege da natürlich, ob das aktuelle Verhältnis von Totalität zu Wählbarkeit (Wählbarkeit ist selbst noch ein Totalitarismus, aber das sei an dieser Stelle egal) schon optimal ist, oder ob man die totalitären Elemente so weit es geht abschwächen muss bis hin zur Anarchie oder ob man die totalitären Elemente letztlich sogar wollen muss, vielleicht bis zur Abwahl der Demokratie selbst. - Demokratie ist immer nur ein Zwischenzustand; so viel steht fest: Zum Glück gibt es eine "Staatsform", in der es weder Beliebigkeit noch (Vorher-)Bestimmtheit gibt: WDWR.

Man soll nicht außer der Reihe essen, nicht nur nebenbei, nicht "fast food", sondern zusammen mit allen anderen, zu festgelegten Zeiten, den Wert des Essens lobend. Ihr sagt, das sei gesünder und freundschaftsfördernder. Aber wäre es nicht besser, wenn man die Unterscheidung des korrekten Zeitpunkts und des Nebenbeis einfach aufhebte und essen, trinken, rennen, springen und klettern endlich als EINE Handlung begriffe? - Du bist nicht, was du isst! Aber du bist, genau dann, wenn du isst; und du isst, genau dann, wenn du bist.

So fragt die Herde: Bin ich mehr dem Zufall oder mehr dem lückenlosen Ursache-Wirkung-Prinzip unterworfen? - Der Herr fragt: Kann ich eher dem Zufall oder eher dem lückenlosen Ursache-Wirkung-Prinzip meinen Stempel aufdrücken? Und wie fragt der WDWR? ...

Jemand, der eine Lebensversicherung abschließt, weil er an die Sterblichkeit glaubt, verhält sich genau so wie einer, der eine Jacke mitnimmt, weil es regnen könnte: Entweder ist er im Grunde froh, wenn er selbst daneben lag, oder aber er nutzt den "negativen Erfolg", um sein Handeln nachträglich zu rechtfertigen. Das allein ist euer Gefangenendilemma, nur dass ihr euch jetzt wie die Wärter fühlt! Auch als Ex-Opfer seid ihr immer noch Ex-Opfer. Das allein macht auch den gesamten Zauber der negativen Theologie aus! Und es soll wirklich Leute geben, die gar nicht an Gott [oder den WDWR] glauben, weil...

Waren das noch Zeiten, als man im Internet noch Suchmaschinen suchte...

Eine schwierige moraltheoretische Frage ist: Wer ist moralisch höher zu bewerten; jemand, der aus seiner natürlichen Veranlagung heraus moralisch handelt oder jemand der gegen sich selbst, gegen seinen Habitus moralisch handelt? - Meine Frage dagegen ist: Wie kommt jemand dazu, an den WDWR zu glauben; aus Veranlagung oder im radikalen Denken gegen sich selbst? Kann ich jemanden gebrauchen, der mit dem WDWR entweder nur die Maximierung seiner Vitalität oder andererseits nur die Aufhebung aller Selbst-Widersprüchlichkeit verbindet? - Denkt darüber nach!

WDWR ist, wenn der Schweiß nicht mehr trocknet. - Das ist was anderes als: "Im Schweiße deines Angesichts..."

Wer nicht klettern kann, weiß nicht, was Leben ist.

Es ist der Körper! (Update)

2.7 Damit löst sich endlich die Paradoxie der Frage nach der Würdigung des Körpers, denn der Körper ist: Nicht „res extensa“, nicht "durch die Seele geformter Leib", nicht "possession" (= nicht "mein Körper"), nicht „die Gene“, nicht "die Triebe", nicht "die Sinne", nicht "die Organe", nicht "Ästhetik", nicht „Fitness“, nicht "Hülle" - sondern im Wald des Warmen Regens ist der Körper als das perpetuum mobile des Lebens die unüberholbar maximale (superlativische), nicht mehr selbstvernichtende, nicht mehr selbsterniedrigende, lebendige Vereinigung von Willigkeit und Möglichkeit und Fähigkeit.

Donnerstag, 3. Juni 2010

Sprüche (8)

Wir benennen nur dasjenige als Entscheidung, wo der Sachverhalt nicht selbstverständlich klar ist. Aber wenn für beide Alternativen gute Gründe sprechen und wir uns nicht nur für das eine, sondern auch gleichzeitig gegen das andere entscheiden müssen - rebelliert da in uns nicht unsere stolze Wahrhaftigkeit, die uns zuflüstern will, dass über Gut und Böse bisher nur gewähnt, nicht gewusst worden ist?

Wenn wir Menschen, vor allem wir Nordeuropäer, "draußen" sagen, dann meinen wir das immer als Alternative zu unserer Gewohnheit, irgendwo "zuhause" zu sein. Jeder Sommer hat die Macht, uns eher Frage und Aufgabe als kurzzeitige Erholung von uns selber zu sein.

Es kann keine Gesellschaft geben, in der es kein Sexualtabu gibt. Und es ist nicht unwahrscheinlich, dass gerade dort die Tabus am selbstverständlichsten sind, wo das Leben am reichsten ist: Essen, Trinken, Laufen, Rennen, Springen und Klettern; überall lauert ein Mensch, der uns (mindestens) ein schlechtes Gewissen machen will, indem er irgendetwas darin unangemessen findet.
Täuschen wir uns nicht: Der Durchschnittsmensch ist das Maß der Dinge! Wollen wir also substanziell etwas an der Welt verändern, so dürfen wir nicht versuchen, den Durchschnittsmenschen abzuschaffen, sondern stattdessen das Maß der Dinge. Erst im Verzicht auf Wertung und Würdigung wird der Körper...

"Erst, wenn man nicht mehr 'Du fehlst mir!' sagt, sondern betont, dass man ein gutes Leben hat, aber es mit dem anderen noch besser wäre, dann hat man wirklich die negative Wertungsweise hinter sich gelassen, dann sind aus Opfern Ex-Opfer geworden..." - Vorsicht an dieser Stelle; denn die positive Alternative könnte immer noch bedeutungsgleich sein mit dem überwundenen Satz. Denn ein Ex-Opfer ist man erst dann, wenn man nicht einmal mehr ein Ex-Opfer ist...

Sonntag, 30. Mai 2010

Sprüche (7)

Was ist Vergessen? Ich glaube, das gibt es nicht...

Psychologie des Burnout: Was mich nicht tötet, macht mich toter.
Psychologie des Fetisch: Was mich nicht tötet, macht mich härter.
(Der Vordersatz ist das Problem. Solange es etwas gibt, das das Leben erst noch bewirkt, ist das Leben immer noch nicht voll verwirklicht.)

Was ist das Beseelende am Alkohol? - Nicht dass ich mich selbst zu hemmungsloseren Handlungen überwinde, sondern dass die anderen Betrunkenen diese Handlungen nicht als beschämend verurteilen...

Wenn ich irgendetwas zu viel esse, dann mag ich es bald nicht mehr und ich will etwas anderes essen. - So ist es bei euch auch mit eurer Lebensgestaltung, denn ihr braucht Abwechslung, und ihr sagt mir, dass mein Wald des Warmen Regens mit seiner Abgeschlossenheit langweilig wäre. Er wäre genau so wenig langweilig wie der Himmel oder das Paradies, da dort eben die absolute Fülle des Lebens unüberholbar vorhanden wäre. Der Unterschied liegt lediglich darin, dass ich mir zutraue zu sagen, was im WDWR konkret vorkommt und was im Himmel immer fehlen würde: Es ist der Körper!

Ich nenne dasjenige asexuell, wo ich nicht in der Teilnehmerperspektive vorkomme. (Erkenntnis bedeutet selbst noch, dass man nur als Beobachter teilnimmt.)

Wenn man seine saubere Hand in den Schlamm steckt, dann fühlt es sich zuerst komisch an, bis man sich daran gewöhnt hat und nichts Negatives mehr dabei empfindet. - Auf dem anderen Wege wurde das Tier zum Menschen, als es den Schluss zog: "Es ist doch nichts dabei." Und dann irgendwann wurde die Natur zu dem, wo "etwas dabei war".

Montag, 17. Mai 2010

Sprüche (6)

Die Paradoxie unserer Einstellung zum Körper, als die eigentliche Paradoxie unserer Kultur, scheint in folgender Frage auf: Wie kann ich meinen Körper würdigen? (Würde ich einen Versuch der Würdigung machen, so hätte ich den Körper immer wieder auf einzelne Erscheinungsmomente meines ansonsten beseelten Lebens reduziert und ihn nie für sich genommen. Die einzig mögliche Würdigung könnte darin liegen, den Körper gar nicht mehr zu würdigen und der geistigen Sphäre hier keinen Zugriff mehr zu erlauben. Aber auch diese Verweigerung ist noch ein geistiger Prozess, sodass sogar noch die Möglichkeit der Würdigung oder der Verweigerung der Würdigung abgeschafft werden müsste, bis der Körper wieder er selbst sein darf.)

Evolution als Downgrade: Gegenüber den Affen haben wir nicht zwei Hände gewonnen, sondern zwei Hände verloren. (Wenn man den Schwanz noch hinzurechnet, haben wir sogar drei Hände verloren; nimmt man sogar noch unsere degenerierte Mundform hinzu, die nur noch das zerbeißen kann, was unsere Hände in ihn hineinschieben, dann haben wir vielleicht sogar eine vierte Hand verloren. - Was haben wir dafür gewonnen?)

Einst glaubte ich dem von anderen Menschen Gesagten immer die bestmögliche, menschenwürdigste Interpretation abgewinnen zu können, dann wiederum glaubte ich, mich immer so klar ausdrücken zu können, dass keinerlei Zweifel mehr an der Gutheit meiner Aussagen bestehen könnten; heute will ich eine derartige Welt, die weder eines exakten Ausdrucks noch einer Auslegung bedarf: Wald des Warman Regens. (Mein früheres Ziel war eine für alle Menschen optimale Rechtfertigung des Lebens und ich habe im Immer-strenger-nehmen der Frage nach Rechtfertigung nur entdeckt, dass es keine gründliche Rechtfertigung geben kann: "Des Übermenschen Schönheit kam zu mir als Schatten.")

Ein Dozent sagte, dass es in ethischen und politischen Fragen eigentlich immer nur darum geht, sich so wenig wie möglich aus der Deckung zu wagen und dem Gegner immer die Beweislast unterzuschieben. (Dazu gibt es eigentlich kaum noch was zu sagen, außer dass ich die Verbitterung bei meinem Dozenten über diese tollkühne Behauptung nicht spüren konnte. Aber vielleicht liegt die Beweislast in der Frage nach der Wahrheit und der Verbitterung auch gar nicht bei den Philosophen, den stillen Beobachtern per definitionem...)

Gefangenendilemma reloaded: Wenn sich zwei Menschen online kennen lernen, wäre es für beide eine win-win-Situation, wenn sie ehrlich wären und keine Scheu voreinander hätten - aber der Unsicherheitsfaktor, dass der andere nicht ehrlich sein könnte, macht es für beide rational, erst einmal misstrauisch zu sein und nicht gleich alles von sich preiszugeben. (Ich dagegen muss mich betrügen lassen, um nicht auf der Hut sein zu müssen vor Betrügern.)

Ich tue so, als wäre ich ein Lebewesen, und klettere auf einen Baum; die Widerstände, die mir daraufhin entgegen gebracht werden, sind: Unfähigkeit, Angst und moralische Beschämung. (Wahrlich, auf dieser Trias ist unsere ganze Kultur gegründet und das, was wir als sozialen Fortschritt feiern, ist zuletzt nur eine Umdeutung dieser Worte hin zu einem "lebenswerten (=behindertengerechten) Leben".)

Samstag, 1. Mai 2010

Schönheit und Ex-Opfer (Update)

1 Verschönerung ist das Gegenteil von Schönheit und nicht ihr Superlativ.
1.1 Für Verschönerung muss man sich für verschönerbar halten, also hässlich finden.
1.2 Je mehr man an Verschönerung glaubt, desto mehr glaubt man tun zu müssen, um zur Schönheit zu gelangen – aber man kommt niemals bei ihr an.
1.3 Auch die Schönheit eines Objektes „an sich“ im willenlosen Anschauen (z.B. Sonnenuntergang) ist noch Verschönerung, weil man sich selbst noch nicht als Maß aller Schönheit erkannt hat.
1.4 Selbst all das, was der Himmel jemals sein kann, was Gott jemals für den Menschen tun kann, womit Gott den Menschen jemals angehen kann, unterschlägt noch Inhalt und Schönheit des Lebens.
2 Aus Opfern werden Ex-Opfer.
2.1 Durch meinen Blick auf meine Abhängigkeit und Endlichkeit bekomme ich den Hang, die Wirklichkeit mit meiner Denkbarkeit und Wünschbarkeit zu rechtfertigen.
2.2 So sehr ich aber auch mein Leben bejahen will, so sehr bejahe ich doch nur meinen Ja-Nein-Dualismus, meine zuerst überwundene und dann mit eigenen Gründen wieder eingeführte Moral, mein gutes Gewissen – und zwar unabhängig vom Inhalt.
2.3 Da jede mögliche Kultur Opferung der eigenen Schönheit und Lebendigkeit und Körperlichkeit bedeutet, bekommt das Leben Inhalt und Schönheit genau dann wieder, wenn das gute Gewissen und alle Kultur überwunden sind.
2.4 Zwar gab es noch nie ein kulturloses Lebewesen, nicht einmal ein Tier, aber dennoch ist Kultur nur eine kontingente Eigenschaft des Lebens.
2.5 Daher schafft man zuerst die physischen Elemente der Kultur ab, so dass die kultiviertesten Menschen sterben und die leiblichsten Menschen leben.
2.6 Als Konsequenz daraus verschwindet auch noch die Kultur im Kopf, das gute Gewissen, der Zwang zur Bejahung, der Glaube an die eigene Sterblichkeit, überhaupt das Denken, weil das nun entdeckte Leben so reich ist, dass das Denken kein „Überlebensvorteil“ mehr ist – eher das Gegenteil.
2.7 Damit löst sich endlich die Paradoxie der Frage nach der Würdigung des Körpers, denn der Körper ist: Nicht „res extensa“, nicht "durch die Seele geformter Leib", nicht „die Gene“, nicht "die Triebe", nicht "die Sinne", nicht "die Organe", nicht "Ästhetik", nicht „Fitness“, nicht "Hülle" - sondern im Wald des Warmen Regens ist der Körper als das perpetuum mobile des Lebens die unüberholbar maximale (superlativische), nicht mehr selbstvernichtende, nicht mehr selbsterniedrigende, lebendige Vereinigung von Willigkeit und Möglichkeit und Fähigkeit.
2.8 Wald des Warmen Regens, äquatorialer Regenwald, Tageszeitenklima, Essen, Trinken, Laufen, Rennen, Springen, Klettern und Schlafen
3 Solange der Wald des Warmen Regens eine Anschauung, ein Ideal bleibt, so ist er die radikalste Form der Kultivierung, der Selbstopferung, der Entkörperlichung, der Verschönerung, als Teil meines guten Gewissens Denken par excellence.

Montag, 19. April 2010

Es ist der Körper!

Der Körper: Nicht "durch die Seele geformter Leib", nicht "die Triebe", nicht "die Sinne", nicht "die Organe", nicht "Ästhetik", nicht "Hülle" - sondern im Wald des Warmen Regens ist der Körper als das perpetuum mobile des Lebens die unüberholbar maximale (superlativische), nicht mehr selbstvernichtende, nicht mehr selbsterniedrigende Vereinigung von Willigkeit und Möglichkeit und Fähigkeit!

Dienstag, 2. März 2010

Singularität und bewegtes Leben im Eschaton

Um den Wald des Warmen Regens noch einmal genauer zu beschreiben, bediene mich hier theologischer Vorstellungen der Vollendung (Eschaton) und astronomischer Überlegungen zum Urknall.

Vollendung im theologischen Sinn bewegt sich zwischen zwei sich nicht unbedingt widersprechenden Polen:

1.Vollendung ist ein Zustand der Ruhe, wo jede Bewegung aufhört, oder

2.ein Zustand höchster Fülle inkl. des Erlebnisses intensivstes Lebens.

Verfolgt man die Entwicklung des Universums bis zu seinem Anfang zurück, so kann man für den Moment des Urknalls zweierlei Theorie aufstellen:

1.Es gab einen unendlich kompakten Punkt, der alle Materie auf sich vereinte, überhaupt keine Dimensionen hatte und um den herum kein (Leer-)Raum existierte. Außerdem lässt sich der Begriff der Zeit darauf nicht anwenden. Dies wird als Singularität vezeichnet.

2.Das Universum ist inflationär und entwickelte sich aus einem falschen Vakuum, einer Materie mit dem Gewicht einer Hantel und sehr geringer Ausdehnung, also extremer Dichte.

So weit ist das alles gar nicht weg:

Der Wald des Warmen Regens ist ein unendlich lebendiger Punkt, der alles lebbare Leben auf sich vereint. Alle möglichen Handlungen entstellen ihn nicht mehr und sind zudem verwirklicht. Durch Essen, Trinken, Rennen, Springen, Klettern im gleichen singulären Moment, wird der Tag zur Aufgipfelung des Lebens. Wie das Universum ist der Regenwald zwar physikalisch endlich, aber doch grenzenlos. Denn um den Wald des Warmen Regens herum existiert (ähnlich dem Idealismus) kein Leerraum und die Zeit hat aufgehört. Der Mensch hat darin außerdem Ruhe vor allen moralischen Ansprüchen, die immer aus seiner Endlichkeit gefolgert wurden: er ist endlich zum Lebewesen geworden.

Sprüche (5)

"Erst die Arbeit, dann das Vergnügen." - Die Amerikaner würden uns auslachen für solch eine beschämende Gegenüberstellung...

Was unsere heutige Zeit so einzigartig macht, das ist nicht der Burn-Out: den gab es in allen Zivilisationen, zu allen Zeiten, an allen Orten; den wird es auch noch weiterhin geben, solange es Kultur gibt. Das Neuartige heute ist jedoch der Burn-Out ohne Burn: Euch, die ihr von der Kultur ausgestoßen seid, und euch, die jede Kultur abstößt, erzähle ich damit nichts Neues, ihr erlebt es jeden Tag, ihr habt eine andere Art von Höhepunkt nötig: Wald des Warmen Regens.

Die Affen von heute - die sind mein 'eschatologischer Vorbehalt'.

Das schönste Erwachen ist dann, wenn man von der Sonne geweckt wird und die ganze Welt schon wieder in voller Pracht vor einem ausgebreitet liegt. Frage: Kann man ein anderes Erwachen überhaupt als Erwachen bezeichnen?

Mittwoch, 24. Februar 2010

Sprüche (4)

"Der Mittler zwischen Hirn und Händen muss das Herz sein." Das ist zwar die Wahrheit in Metropolis, aber damit ist das 'Lebewesen Mensch' noch gar nicht berührt. Wer den Körper auf die Funktionalität der Hände reduziert, der hat den Körper nicht etwa nur reduziert, sondern ihn mal gänzlich vergessen.

"Ich hasse dich Gott, auch wenn es dich nicht gibt..." - Es sollte besser heißen: 'Ich verachte dich Gott, auch wenn es dich gibt..."

Warum lernen wir gerne eine Fremdsprache? Wir wollen Zugriff auf etwas haben, an dem wir uns vorher die Zähne ausgebissen haben. Analog dazu: Warum beginne ich anderen zu helfen, wenn mir selbst niemand helfen kann? Oder: Warum will ich mit jemandem schlafen, den ich mit meinen Gedanken zuvor nicht erreicht habe? - Damit ist alles, mindestens über Sexualstraftäter, gesagt...

Was uns nicht tötet, macht uns toter! - Das furchtbarste an Schicksalsschlägen ist nicht ihr plötzliches Auftreten, sondern die plötzliche Angst vor einem weiteren plötzlichen Auftreten...

Dienstag, 23. Februar 2010

Anbetung


Auf dem Bild sehen wir eine Erdmännchen-Population aus der Zoom Erlebniswelt in Gelsenkirchen, die es sich bei eisigen Temperaturen unter einer Wärmelampe gemütlich macht. Eigentlich etwas total gewöhnliches...wenn sie nicht ihre Köpfe gen Wärme strecken würden und man als Theologe damit das Gefühl bekommt, dass genau so und nicht anders die religiöse Anbetung funktioniert.
Wir beten das an, was uns Licht und Liebe und Leben spendet, was uns mit positiven Momenten und Gefühlen versorgt.
Wenn es draußen wieder wärmer wird, werden die Erdmännchen wieder anderen Dingen nachgehen und die Zooleitung wird die Wärmelampe wieder abbauen. Wenn es doch bloß so einfach mit Göttern wäre...
Aber wir wissen ja, dass der Mensch notwendigerweise in seinem Leben scheitern muss und sich - positiv gewendet - auf die Bereicherung einlassen darf, die Gott in seiner unendlichen Weisheit und Güte noch für ihn vorgesehen hat. Ich aber will zeigen, dass es auf der Erde von allein warm werden kann, dass es einen Ort gibt, der niemals kalt wird, an dem sich der Mensch mit keiner Kleidung der Welt vor Kälte schützen muss und wo sogar noch der Regen als angenehm warm empfunden wird, wenn sich der Mensch darauf einlässt, er selbst zu werden, Lebewesen zu werden:
Wald des Warmen Regens!

Selbstkreuzigung

"Das, was in uns noch gut und gerecht ist, muss dasjenige in uns kreuzigen, was sich in uns seine eigene Tugend erkämpfen will." - So funktioniert das gute Gewissen. Das ist eine Abwandlung von Nietzsches Spruch, dass es die guten und gerechten Menschen sind, die Pharisäer sein müssen, die die eigenständigen Geister um ihrer selbst willen vernichten wollen.
Wenn man es nun aber auf das Denken des Einzelnen bezieht, dann heißt das aber auch: Es gab kein Stadium, in dem sich der Mensch oder irgendein Tier zuerst nach außen hin entlud, um später dann durch Hemmung alles in sich hinein zu fressen, sondern: Was von außen kommt, das wird entweder abgewehrt oder verschmilzt im besten Falle mit dem Ganzen und setzt ähnlich wie bei einer Kernfusion Energie nach außen hin frei. Foucault wusste am Ende seines Lebens, dass Macht nicht nur hemmend wirken kann, sondern auch Kreativität erzeugt. Aber: Er sah leider nicht, dass diese Kreativität, diese Neuheit der Tugend wieder nur ein Mittel des guten Gewissens ist, sich selbst zu bestätigen. Gegenüber unseren tierischen Verwandten haben wir unser gutes Gewissen um einige Potenzen komplexer gestaltet, das ist der einzige Unterschied - auch sie nämlich machen sich zuerst ein gutes Gewissen und nutzen die ihnen gegebenen Potenzen dafür aus. Wir sind nun also das erste Lebewesen, das nicht nur sein Denken durchkreuzen, sondern auch sein Durchkreuzen noch durchkreuzen kann.
Ist meine die beste (Vorstellung) aller möglichen Welten oder muss ich auf eine andere warten? Wald des Warmen Regens!

Überraschung und Erlösung

In den letzten Sprüchen tauchte dieser Satz noch ohne weitere Kommentierung auf: "Wie kann man jemanden überraschen, der in Gedanken schon alle möglichen Wirklichkeiten vorwegnimmt?" Wandeln wir diesen Satz nun in theologische Rede um: Wie kann man jemanden trösten oder erlösen, der die Struktur der Tröstung oder Erlösung bereits durchschaut, der gar seine eigene Kontingenz mit in seine - entweder durch unbedingten Glauben oder auch den Glauben nicht schmälernden Zweifel - unbedingt gerechtfertigte Hoffnung einrechnet? Man sieht: Egal, wie die Theologen es auch inhaltlich anstellen, wollen sie erreichen, dass sie an sich selbst glauben können. Und wenn ihre Gedanken scheitern, dann nur weil Gott sie im Siegen versöhnt; also wenn sie ein schlechtes Gewissen über den Realitätsgehalt ihrer Aussagen haben, dann nur aus gutem Gewissen!
Deshalb: Wald des Warmen Regens! Da bleibt die Wahrheit nicht einmal unsagbar offen - sie ist eine, die in dem Moment, wo sie gutes Gewissen wird, das Gewissen überwindet und in dem Moment, wo sie feststeht, zum Leben wird...

Montag, 22. Februar 2010

Sprüche (3)

Wie kann man jemanden überraschen, der in Gedanken schon alle möglichen Wirklichkeiten vorwegnimmt?

In den Stellenausschreibungen der Unternehmen taucht oft das Wort "Kreativität" auf, gemeint ist allerdings eine perfekte Effizienz - ein Gleichnis für das gute Gewissen.

Unsere Frage ist nicht mehr, ob Jesus zum Zweck der Erlösung der Menschheit am Kreuz sterben musste, sondern wie viele Erlöser es bereits vor ihm gab, die nicht gekreuzigt wurden?

Das, was in uns noch gut und gerecht ist, muss dasjenige in uns kreuzigen, was sich in uns seine eigene Tugend erkämpfen will. - So funktioniert das gute Gewissen.

Mittwoch, 17. Februar 2010

Kinder auf dem Spielplatz

Im letzten Sommer ging ich einmal zum nahegelegenen Spielplatz, nahe der Felder, nur 100m von hier entfernt - es sollte mich verändern.
In meinem Zimmer hatte ich mitbekommen, wie die Sonne zum Abend hin weitergewandert war nach Westen und nicht mehr in mein Zimmer schien. Daher ging in barfuß und und kurzen Hosen los, um mich in ihre warmen Strahlen zu stellen und das kräftige Abendrot mit meinen eigenen Augen zu erleben.
Am Spielplatz angekommen blickte ich von einer leicht erhöhten Stelle aus über die Felder hin in die Sonne, es war ein wunderbares Erlebnis. Dann machte ich meine Augen zu, genoss die letzte Wärme des Tages, fühlte mich geliebt von der Welt, ich war ganz in diesem unbeschreiblich schönen Moment versunken.

Doch da geschah es: Einige Kinder waren am Fußball spielen gewesen, sie schossen mir den Ball ans Bein und er blieb bei mir liegen, so dass ich aus meinem Moment herausgerissen wurde und ihnen den Ball wiedergab. Dabei sagte ich ihnen: "Schaut doch einmal, was das für ein großartiger Sonnenuntergang ist - habt ihr so etwas schon einmal erlebt?" Als Antwort kam lediglich: "Ja, das ist toll, dass es so lange hell und warm ist, aber das ist doch wie gestern...eigentlich wars doch die ganze Woche schon so!" Sie spielten einfach weiter und ließen mich ein wenig verwirrt zurück, so dass ich nach weiteren 10min Sonnenbaden den Rückweg antrat und bei meinem Nachbarn vorbeischaute, in dessen Keller eine Netzwerkparty im Gange war. Dort erzählte ich ihnen auch von meinen eben erlebten schönen Momenten. Sie machten sich noch ein wenig über mich lustig, entgegneten dann aber: "Schöne Geschichte, Sebastian, aber das ist doch wohl mindestens die letzten Tage breits so gewesen." Als auch sie einfach weiter spielten, war ich fast verbittert. Wollte denn niemand in meine großartige Lobpreisung der Schöpfung mit einsteigen?

Da erst ging mir selbst die Sonne auf. Wie ein lebendigmachender Lichtstrahl nach einer langen Verfinsterung war mir plötzlich alles klar: Sowohl Kinder als auch Kumpels hatten beinahe die gleichen Worte benutzt, jedoch mit gänzlich anderen Bedeutungen: Während die Kinder das Wetter nicht anders würdigen konnten als es wie die Tage zuvor auszunutzen, war meinen Kumpels das Wetter vollkommen egal. Und ich selbst war noch ein Zwitter zwischen ihnen: Mir konnte das Wetter nicht egal sein, aber für mich folgte lediglich, dass ich passiv verharren wollte, bis die Sonne ihre Ästhetik verloren hatte.

Von diesem Tag an jedoch weiß ich, was Schönheit und Leben ist: Den Reichtum des Lebens als selbstverständlich annehmen UND ihn als Lebewesen ausleben.

Dienstag, 16. Februar 2010

Stätte der Genesung

Bei studivz.net hab ich ein Album eingestellt, in dem einige Regenwald-Bilder zu sehen sind. Das Album beinhaltet auch folgenden Text:

"Wahrlich, eine Stätte der Genesung soll noch die Erde werden."
Ist es nicht komisch, dass die Orte mit der höchsten Biodiversität auch die Orte sind, an denen der Mensch nicht vorkommt, scheinbar nicht vorkommen kann?
Mensch und Natur - wer ist stark genug, diesen Gegensatz aufzuheben?

Überwinde ich diesen Gegensatz bereits oder zementiere ich ihn noch? - Eine schwerere Frage hat sich noch niemand gestellt...

Die Asymmetrie zwischen Freude und Leiden

Ohne genau nachgerechnet zu haben, werde ich mit Sicherheit nicht lügen, wenn ich sage, dass es in jeder Sprache der Welt mehr Begriffe gibt, die unsere negativen Emotionen ausdrücken können als unsere positiven.
Vielleicht kann es grundsätzlich nur negative Emotionen geben, alle positiven wären dann ebenso nur auf dem dialektischen Untergrund möglich, dass man die Niederlage immer schon mitgedacht hätte. Wie anders ist es sonst zu erklären, dass man das heroische Glück nur dort finden kann, wo die größte Gefahr auf einen lauert?
Möglicherweise kann es auch gar keine Sprache geben, in der mehr positiv als negativ konnotierte Begriffe vorkommen. Zwar nicht aus logischen Gründen, aber doch aus geistimmanenten Gründen. Man könnte sagen: Sobald ein Wesen zur Kommunikation fähig wird, unterhält es sich gerade nicht über die gelungenen Momente des Lebens, sondern eher über die Notlage, den Krampf, das Sterben, das Leiden, das Unterliegen, die Demütigung usw. Sprache selbst ist in dem Fall schon eine Flucht vor der leidenmachenden Realität, eine Folge des Leidens - und jeder Ausdruck von Freude nur ein Schutzmechanismus gegen das eigene Leiden, Ausdruck der Erfahrung vom Ausbleiben des Leidens...

Nun, ich habe damit eine sehr schwere Bürde auf mich genommen, dass ich den Wald des Warmen Regens einst den Ort des "Nicht-einmal-Unsagbaren" nannte. Gegen die negative Theologie gerichtet, die sich selbst den letzten Schritt verweigert, die selbst noch die Gnade Gottes relativieren würden, weil sie ja nie sicher sein könnte, dass sich gerade davon unbedingt angehen lassen dürfe, muss es eine Rechtfertigung der Freude und des Lebens geben, die sich in dem Moment, wo sie ausgesprochen wird, selbst überwindet und schaffend erlöst, so dass einst kein Wort mehr gesprochen werden muss, weil alles schon vollkommen da ist.

Montag, 15. Februar 2010

Dem Menschen-Tiere ein Gedächtnis

"Wie macht man dem Menschen-Tiere ein Gedächtnis? Wie prägt man diesem teils stumpfen, teils faseligen Augenblicks-Verstande, dieser leibhaften Vergeßlichkeit etwas so ein, daß es gegenwärtig bleibt? ... Man brennt etwas ein, damit es im Gedächtnis bleibt: nur was nicht aufhört, wehzutun, bleibt im Gedächtnis."

Wenn wir von gegangenen Dingen sprechen, dann tun wir das, je näher sich die Ereignisse an der Gegenwart bewegen, umso differenzierter.
Wenn wir etwas reden, worüber wir uns gefreut haben, dann fällt das bei den aktuellen Ereignissen sehr differenziert aus. Da war man nicht im Kino, sondern da gab es diese eine bestimmte Szene; da war man nicht feiern, sondern da gab es diese eine spezielle Situation, man war nicht wandern, sondern ganz oben auf dem Gipfel hatte man einen ganz besonderen Moment.
Wenn wir jedoch über unsere Kindheit erzählen, dann machen wir das sehr viel pauschaler. Dann war man auf dem Fußballplatz, schaukeln oder Schlitten fahren. Da gab es keine besondere Höhepunkte, sondern man erlebt alles gleichmäßig wie aus einem Guss. Noch weiter zurück in die Zeit, wo wir uns gar nicht mehr erinnern, kommen wir eben nicht. Da gibt es kein Gedächtnis im eigentlichen Sinne, weil wir noch keinerlei Differenzierung in der Welt wahrgenommen haben, wir bewegten uns da noch "jenseits von gut und böse".

Kurzum: Alles das, woran wir uns erinnern können, beruht auf der Entgegensetzung von gut und böse. Selbst das, wovon uns als Kleinkindern eingeredet wurde, dass wir es gut zu finden haben ("Ui, ist das nicht großartig/ schön/ toll?") legt noch die Richtschnur dafür aus, dass wir einst verantwortungsbewusste Menschen werden - dass wir wissen, was gut und böse ist. Schließlich müssen und wollen wir jedoch unser Gedächtnis trüben, damit wir nicht merken, auf welchem Untergrunde unser ganzes Gedenken fußt.
Ich jedoch - kann nicht mehr zurück. Ich, als einer, der durchschaut hat, dass jede Trübung oder Verschönerung noch mehr von meiner Bejahung des Lebens wegführt, muss mehr wollen, muss die Unmöglichkeit unseres gesamten Denkapparates erweisen, jemals ohne Betäubung der Zweifel ein gutes Gewissen über sein Dasein erlangen. Deshalb nämlich muss und kann der Mensch, wenn er die materiellen Symptome unserer Kultur abgebaut hat, als finalen Akt noch das Denken loswerden, auf dass sich das Denken nie mehr selbst ein Bein stellen muss, indem es befiehlt, dass früher alles besser war, dass in einer fernen Welt alles besser wird oder gar dass Vorfreude doch sowieso die größe Freude ist.