Mittwoch, 20. Oktober 2010

Die Abschaffung der Schönheit

Dass ich Verschönerung für das Gegenteil von Schönheit halte, dürfte so ziemlich jedem bekannt sein. Ich möchte aber (mal wieder) verdeutlichen, dass das nicht nur eine dumme Meinung von mir ist.

Der nächste Faschismus wird sich als Antifaschismus tarnen. (Dabei wird er behaupten, dass es ihm um notwendige Gegenwehr geht, aber dann selbst so harte Maßstäbe anlegen, dass Zweifel an ihm eine Todsünde wird.)
Die nächste Form der Rassenhygiene wird sich als Multikulti-Vision tarnen. (Um der Züchtung einer gut gearteten Gesellschaft willen, muss alles Außenstehende assimiliert oder vernichtet werden.)
Die nächste Verschönerungswerbung wird sich als Weg zur Schönheit tarnen.

Strukturell sind alle Sätze identisch. Alle Aussagen befreien den Menschen von verabsolutierenden totalitären Meinungen. Wahrheit lässt sich nicht vereinnahmen, also liegt die Schönheit im Auge des Betrachters. Und gerade im letzten Fall ist die Befreiung auch schon positiver Teil der Gesellschaft geworden: Wo es die Menschen nämlich ablehnen zu sagen, dass sie sich schön machen für andere, da haben sie als Ausweg aus ihrem Dilemma immer noch die Möglichkeit zu sagen, dass sie es für sich selbst tun. Und die Werbung unterstützt sie noch mit der Verlockung, dass man doch endlich seine eigenen, selbst gesteckten Schönheitsmöglichkeiten entdecken solle, um zum eigenen Schönheitsideal zu gelangen.
Aber sie tun es nicht für sich selbst, sondern nur weil sie immer noch auf den Imperativ hören, dass sie zu ihrer eigenen Schönheit finden sollen. Die Schönheitsindustrie ist eben nicht daran interessiert, Bedürfnisse zu befriedigen, sondern zu wecken, so dass man niemals mit sich zufrieden sein kann, niemals bei seiner Schönheit ankommen kann. Man entfernt sich gar noch von sich selbst, wenn man zu sich kommen will, so wie man auch gerade dann besonders radikal ist, wenn man vorgibt gegen Radikalität zu sein.
Also akzeptiert euch endlich, damit sich eure vermeintliche Selbstliebe nicht schlussendlich als Selbsthass entpuppen kann, damit ihr eure Schönheit nicht abschafft. So wie ihr seid, seid ihr genau richtig.
Schönheit ist das Wissen darum, dass man nichts tun braucht und nichts tun kann, um schön zu sein, sondern eben genau so schön ist, wie man eben ist.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen