Montag, 16. April 2012

Zwei Seiten der Ablehnung

Meine Ablehnung des Unbewusst-Gewollten richtet sich speziell gegen die nachträgliche Rechtfertigung dessen, was jemand unbewusst will: er erfindet später immer wieder neue Gründe, obwohl er eigentlich keine hat. Passend dazu sagt man, dass man im Religionsunterricht niemanden missionieren, sondern zum kritischen Reflektieren animieren wolle. Sogar ein reflektierter Atheismus sei besser als ein unbewusster Glaube. Diese Bewertung ist allerdings ebenfalls abzulehnen: Oder sind unbewusst eingehaltene Gesetze wirklich weniger wert als ihre bewussten Übertretungen? Manche empfinden gerade dies als Kitzel. Selbst der Kinder-Vergewaltiger zieht noch einen Großteil seiner Lust aus der Freude an der Übertretung - weshalb das entsprechende Gesetzesverbot aber noch lange nicht abgeschafft gehört.
Ein blinder Glaube taugt also ziemlich wenig und ein reflektierterer Glaube gewinnt seinen Reiz vor allem durch diejenigen, die es nicht besser wissen. Ein vollständig selbstkritischer, reflektierter Glaube, der sich vielleicht sogar bewusst auf die Kontingenz und gleichzeitig den Placebo-Effekt einlässt, wäre zuletzt aber auch ein vollkommen individualisierter und privatisierter Glaube; irgendwo gefangen zwischen Allwissenheit und bewusster Selbsttäuschung fehlen ihm schließlich womöglich alle Gründe um überzeugen zu können - sei es sich selbst oder andere. Dann wird er dementsprechend vom Sprung des Glaubens, vom Wagnis, vom Bezeugen, vom Angehen-Lassen, vom Hineinfallen, vom reflektierten Nicht-Wissen und vom bewussten Offenhalten der letzten Fragen philosophieren und wird sich dabei verdammt clever vorkommen. Aber er ist nur ein weiter Stümper, der auf Gottes Vergebung hofft, gerade weil er weder alles wissen noch alles bloß glauben wollte. Aber dieser 'Mittelweg' ist auch nur eine letzte Zuflucht der Theologen und man darf gespannt sein, wie lange es braucht, bis sie endlich den Körper körpern lassen - und zwar nicht als Übertretung ihrer eigenen Lehren, sondern 'alternativlos'.

Dienstag, 10. April 2012

Das ist mein Körper!

Wenn ich den Satz "Das ist mein Körper!" betonend und sogar rechtfertigend spreche, dann möchte ich im allgemeinsten Fall einen fremden Anspruch und Zugriff auf eben meinen Körper abwehren.
Dabei kann einerseits der Vorwurf lauten, dass man den Körper nicht beachtet oder ihn schlecht behandelt, so dass man dann ausdrücken will, dass es den Anderen nichts angehe, da es ja der eigene Körper sei und man damit umgehen könne, wie man selbst wolle. Diese Reaktion offenbart ein objektivistisches Verständnis vom Körper, man sieht in ihm mehr Oberfläche als Inhalt. Dies drückt sich häufig auch darin aus, dass man die Dinge, die man an sich trägt, mit sich selbst identifiziert, während der bloße Körper etwas Fremdes oder sogar Abstoßendes ist.
Andererseits kann auch die Kritik von diesem objektivistischen Verständnis des Körpers ausgehen, so dass man dem Anderen sagt, er solle doch die übertriebene Rücksicht auf den Körper sein lassen. Dieser könnte dann mit seinem selbstsorgerischen Konzept des Körpers erwidern, dass es wichtig sei, den Körper zu würdigen, da der Körper ja unverrückbar zu ihm gehöre.
Die Betonung liegt in beiden Fällen auf dem Personalpronomen "mein", einmal in Form des ausreizenden und aufzehrenden Besitzens und einmal in Form einer komplexen Art und Weise der Selbstsorge. Was man allerdings gewinnen kann, wenn man die Betonung vom Personalpronomen auf das dazugehörige Substantiv verschiebt, wird beiden nicht klar, da sie "Körper" entweder für einen primitiven, selbstverständlichen oder für einen zu komplexen Begriff halten, so dass man nicht weiter nach ihm fragen müsse und hemmungslos selbst auf ihn zugreifen könne.
Der Körper jedoch ist das Leben schlechthin und - um es mit einiger Fragwürdigkeit zu sagen - heute (solange die Zeit läuft) eine Kriegserklärung an jede Vernunft und später (in der echten Gegenwart) ein Frieden für und unter seinesgleichen.

Montag, 2. April 2012

Ein Einwand?

Ein gar nicht mal so dummer Einwand könnte lauten:
Der Mensch entkommt mit seinen Absichten zum Glück dem "klaren Verstand", weil der klarste Verstand der reine Geist wäre und dieser nicht im Sinne des Autors sein könne. So wie es den Verstand nur im Zusammenhang mit "der Welt" geben kann, so dürfe man auch den Körper nicht zum "natürlichen Körper" abstrahieren, sondern müsse ihn immer kontextualisiert, als in Körperpraktiken eingebunden, betrachten.
Wenn man darauf antworten müsste, so könnte man sagen, dass der reine Geist tatsächlich die Abstraktion schlechthin wäre. Stattdessen aber ist er wie sein Gegenteil schon eine Ersatzbefriedigung für den gerade nicht klaren Verstand, welcher ansonsten mit der Infragestellung seiner selbst und der Würdigung des Körpers konfrontiert wäre. Der Körper aber kommt im Wald des Warmen Regens, wo er nicht um des Verstandes willen in Rollen gepresst wird, zum ersten Mal wirklich als Teilnehmer der Wirklichkeit vor, er ist dort - im Widerspruch zum Solipsismus-Vorwurf - Körperpraxis schlechthin. Euch fällt diese "Verwendung" des Körpers nur nicht auf, weil...