Montag, 19. September 2011

Meine Anfänge - Teilweise neu kommentiert

Pessimisten sollten in ihrem Negativwahn niemals darauf vertrauen, dass die Welt immer so schlecht bleibt, wie sie glaubten, sie zuvor gemacht zu haben. - "Wenn jeder den Sabbat hält, dann kommt das Reich Gottes." - "Wir selbst haben Jesus getötet und tun es in unseren schlechten Handlungen immer noch." - "Deutsche besitzen immer noch das Nazi-Gen." - "Wir sind schuld am Klimawandel."

Der Begriff der Droge ist ein so gänzlich teuflischer: Er gab den Menschen einen Unterschied zwischen schlechter Droge und guter Normalität - aber auf den Gedanken, dass der erkennende Mensch selbst die größte Droge von allen ist, sind bisher nur die Placebo-Produzenten gekommen - und selbst die nur drogenabhängig.

In unpersönlichen Gesprächen kann man niemandes Persönlichkeit angreifen.

Es gibt Menschen, die möchte man am liebsten ein Leben lang an der Oberflächlichkeit ihrer äußeren Erscheinung messen. - Je weniger Intellekt ich von den Leuten erwarte, desto besser sehen sie hin und wieder aus.

Man frage die reichsten Menschen der Welt, wie viel Geld glücklich macht. Sie werden alle antworten: Noch ein bisschen mehr.

Im Gegensatz zu einem natürlichen Gewitter muss bei einem menschlichen Donnerwetter kein (Geistes-)Blitz folgen...

Empirie ist die Metaphysik, die von sich vergessen hat, dass sie eine ist...

Raucher - Das sind Selbstmordattentäter 'light'...

"Die Armen sind daran schuld, dass es Reiche gibt." - Ich möchte da mit ein klein wenig Dankbarkeit nicht von 'Schuld' reden...

Wenn es eine Philosophie gäbe, die möglichst jedem nahe geht und für jeden etwas bereit hält, wäre sie eine Aneinanderreihung von zusammenhanglosen, inhaltsleeren Phrasen, aus denen sich jeder das beste heraussuchen kann. Das hört sich verdächtig nach den heutigen politischen Zuständen an - und nicht nur nach den politischen...

Natürlich klingen zirkuläre und tautologische Begründungen logischer: Man hat ja schließlich das Gefühl, dass man das alles schon einmal gehört hat...

Drogen machen nicht intelligenter, aber sie geben einem das Gefühl, dass es nicht so schlimm ist, dumm zu sein. Sie heben nicht die Langeweile auf, sondern nur das Wissen um die Langeweile...

Das Münchhausentrilemma ist auch ein dogmatischer Abbruch...

Autoritätsgläubigkeit ist, wenn man zuerst nachfragt und anschließend zitiert...

Verschönerung ist Anbiederung an Menschen mit einem stärkeren eigenen Willen.

Kennt ihr das, wenn Menschen in Filmen aus Spannungsgründen eigentlich niemals auf die besten gut gemeinten Argumente hören, aber sich von den billigsten und dümmsten
Argumenten der "Bösen" wie benebelt überzeugen lassen? Fast wie im echten Leben
übrigens...

Erst der Glaube an und die Pflicht zum Pluralismus erschaffen das Gefühl von Verlassenheit...

Wer Widersprüche auflöst, der löst Wahrheiten auf.

Wird die Künstliche Intelligenz jemals so weit sein, dass sie philosophische Bücher schreiben kann? - Wenn diese Frage rhetorisch verstanden wird, dann ist sämtliche KI auf ewig diskreditiert; wenn sie ernst gemeint und bejaht wird, dann ist die menschliche Vernunft mindestens relativiert. - Und was noch viel schwerer wiegt: Stellte sich Gott bei der Erschaffung des Menschen nicht auch die Frage, ob...?

Es gibt keine perfekten Teufelskreise. - Aus Opfern werden Ex-Opfer.

Verantwortungsbewusstsein ist in einer 'aufgeklärten' Welt nicht viel mehr als aktive Sterbehilfe, in einer nicht-aufgeklärten Welt dagegen der Angriff auf alles Aufklärerische. - In Deutschland sind wir inzwischen wohl soweit, dass die Selbstbesinnung des Volkes mit einem kräftigen Ja zu sich selber einhergehen müsste. Doch das ist beinahe schon so abwegig wie das Ja des Menschen zum Körper...

Wenn es während einer theologischen Vorlesung draußen heftig gewittert, denkt eigentlich niemand mehr ernsthaft ans Jüngste Gericht. Ist das Aufklärung oder Verklärung?

Ob man sich her-richtet oder ob man ein Tier ab-richtet; immer geht es dabei mehr um die Zuschauer, die keinerlei Skrupel empfinden, Applaus für diese Ent-Artung zu spenden. - Und gleichzeitig nennen wir unsere Kinder artig, wenn sie sich entgegen ihrer Instinkte erziehen (herrichten und abrichten) lassen...

"(...) etwa wenn die Moral als ein Irrtum bewiesen werden soll, unter der naiven Voraussetzung, dass die Moral schwinden müsse, wenn erst der Irrtum in ihr erkannt ist - aber siehe da! sie hütete sich zu schwinden (...)" - Wenn man jetzt noch für "Moral" "Logik" einsetzt, wirds ganz bitter...

Ein frühes Missverständnis verhindert so manches sinnlose Gespräch.

Wenn ein Kind gerade mit seinem Turm aus Bauklötzen fertig ist, dann reißt es ihn wieder ein und hat beinahe mehr Spaß daran als am Aufbauen. Was uns Erwachsenen als der Wahnsinn schlechthin erscheint, ist für Kinder das allernatürlichste der Welt, solange ihnen der mitleidige, ästhetische, Blick fehlt.

Rauchen: das ist der Glaube, (zum Glück) sowieso zu sterben, aber nicht daran.

Wenn ich die Exegese des Neuen Testaments richtig verstehe, dann ist Jesu Leben eine Aneinanderreihung von Gattungstypen.

Leben heißt: die Gegenargumente vergessen machen.

Man kann immer nur das wollen, was man nciht hat und nicht ist.

Wen mag ich eigentlich weniger: Behinderte, die Mitleid erregen wollen, oder solche, die als normal angesehen werden wollen und dadurch ein schlechtes Gewissen machen?

Der Sozialismus verwirklicht heute die aus dem Christentum stammende Gleichheit aller Menschen, denn heute wird kein Mensch mehr für den Glanz eines Herrschers geopfert. Ganz nach dem Motto: lieber monomental statt monumental.

Das einzige Mittel gegen Realitätsverlust ist die Realität.

Parasitäre Elite nenne ich Studenten, die gegen Studiengebühren sind.

Amor fati - Erfahre die Liebe des Schicksals.

Es verrät einen schlechten Geschmack, wenn man zuerst ein Jahr durch die Welt zieht und dann Soziologie studiert.

Ausgerechnet der Sommer ist die Jahreszeit, wo die Unterschiede bei Frauen zwischen Sein und Schein besonders heftig zu Tage treten.

Wer der Menschheit nichts zutraut, der traut sich meistens selbst nicht viel zu.

Der Nationalmannschaftspatriotismus ist kein Aufflammen der Ehre, sondern nur ein neuer Modus der Spaßgesellschaft.

Wer in einem gewissen Alter nicht weiß, wer von den anderen ein degeneriertes Leben führt, der führt vermutlich selbst ein degeneriertes Leben.

Warum hat sich Hiob nicht einfach betrunken?

Chemie und Burn-Out: Alles, was man befeuert, wird fest und brüchig.

Eine etablierte Gesellschaft der Mittelmäßigen kennt keine geglückten, sondern nur noch missglückte Ausnahmen.

Während einer Handlung ist dieselbe wesentlich unmoralischer als bei der späteren Bewertung.

Agnostizismus ist keine Glaubenshaltung, sondern ein Kompetenzvakuum.

Wissenschaft zeigt heute keine neuen Handlungsmöglichkeiten mehr auf, sondern nur noch neue Forschungsoptionen.

Wenn man aus den alten Geschichten die Mythologie herausfiltert, dann bleibt von der Historie gar nichts mehr übrig. Die Geschichtsschreibung an sich beinhaltet gleichermaßen viel Mythologie, so dass auch von ihr nichts übrig bleiben würde.

Je lebensfroher und intelligenter ein Kind ist, desto eher hält es seine Eltern für degeneriert.

Je komplexer ein philosophischer Text ist, desto schlechter lässt er sich auch zusammenfassen. - Ist er damit schon automatisch besser, wahrer, ...?

Was ist Gesundheit? - Wenn man den Unterschied zwischen Gesundheit und Krankheit nur aus der Perspektive des Gesunden kennt.

Ressentiment bedeutet, dass du weißt, wovon du erlöst werden willst, aber nicht, wohin. - Politische Opposition als Keimzelle des Ressentiments oder als dessen Folge?

Hat sich noch nie jemand gefragt, warum es keine hochbegabten Sozialarbeiter gibt?

Wie du dich schön machen kannst? Lege alles ab, wovon du glaubst, dass es dich schöner macht.

"Er wandte sich früh vom Leben ab; daran war die und die Überzeugung schuld." - Aber dass er zu der und der Überzeugung kam, war bereits die Folge eines verarmten Lebens.

Was einst mein Glaube war: Nietzsche hat das höchste Lebensideal gefunden, ich die dazu passende Wirklichkeit.

Mutter und Kind: "Was rennst du so?" - "Es ist normal und dann bin ich schneller da!"

Die ach so verrückte Pubertät ist kein zufälliger Wahn eines Jugendlichen, sondern vor allem ein Aus-der-Haut-Fahren der Erwachsenen, denen die Kreativität dafür fehlt, ein akzeptables Miteinander zu organisieren.

Das,was ihr selbstvertrauen nennt, ist nur die dunkelste Seite euren guten Gewissens.

Die vermeintlich sinnlosesten und zugleich schwierigsten Fragen sind die, die uns zu einer Enthaltung drängen, wenn wir sie durchschauen. Denn wenn wir uns enthalten, können wir nicht unterscheiden, ob wir mit der Frage über- oder unterfordert sind. - Allerdings ist es kein Zeichen von Oberflächlichkeit, Frage nicht zu kennen, bei denen sogar noch die Enthaltung unmoralisch wäre. Erlösung bedeutet also ein Verschwinden der Frage nach Erlösung; und zwar nicht in der Enthaltung. Das Fragen hat ein Ende.

Gegen Nietzsche: Wer tief in das Überleben sieht, der sieht auch tief in das Leiden.

In empirischen Untersuchungen schließen wir so viele Nebenbedingungen bereits im Vorhinein aus, dass als Ergebnis nur noch eine Tautologie herauskommen kann. Also gibt es keine Empirie.

Geschmack zu haben bedeutet, dass man sich seinen Geschmack nicht zum reinen Geschmack relativieren lässt.

In der Verfassung des Lebens steht: Niemand ist ein potenzieller Täter und niemand ist ein potenzielles Opfer.

Kinder hänseln Kinder nicht ohne Grund. Dieser Grund ist zwar kein notwendiger Grund, aber das stört Kinder auch nicht weiter.

Wenn ich Gott anbete, dann bete ich nicht seinen Gebrauch in der Sprache an.

Um eine Regel nachhaltig zu brechen, tut es gut, sie niemals gekannt zu haben.

Stotternde Sänger: Der Erfindung der Sprache geht die Erfindung der Musik voraus.

Das Denken ist im Wald des Warmen Regens nicht verschwunden, sondern es ist so sinnvoll wie zur Beantwortung der Frage, wann es fünf Uhr nachmittags auf der Sonne ist.

6Mio Juden - für einen Fehler waren das wohl einfach zu viele, Herr Wittgenstein...

Was bedeutet es, wenn man fordert, die Gottesfrage ernst zu nehmen?

Warum ich die Nazis verachte? Wegen ihrer Reihenfolge: zuerst die Juden und dann erst die unheilbar Behinderten...

Die Frage an die Offenbarung Gottes muss doch sein: Wie könnte sich das Ding an sich verbergen?

Weil ich ein ausgedehntes Ich bin, bin ich nicht ontologisch primär oder sekundär gegenüber der Welt, sondern ich bin die Welt. Jede andere Antwort wäre Moral.

Das Leben im Regenwald ist nicht das elementarste Leben, sondern das einzige Leben.

Wenn jemand erst einmal beleidigt ist, dann kann man nur noch die Symptome bekämpfen, aber nicht mehr die eigentliche Krankheit.

Wer das Leistungsdenken der Wirtschaft verteufelt, aber gleichzeitig mehr Einsatz für eine gerechtere Welt fordert, der ist zutiefst vom Ressentiment getrieben und negiert zudem die Frage, ob es so etwas wie Ex-Opfer gibt...

Unter Opfern am verbreitetsten ist die Opferbereitschaft sowohl auf sich selbst (Depression) als auch auf andere (Aggression) bezogen. Im Selbstmordattentäter kommt beides zusammen.

Solange es die Zeit gibt, hat man von ihr immer zu wenig.

Wenn jemand während eines Computerspiels "Stirb, du Schwein!" brüllt, dann fühlen sich die Menschenfreunde eher angesprochen als die Tierschützer. - Wirkt die zweite Metapher etwa harmloser?

Es ist unmöglich, intentionslose Laute auszusprechen.

Der Wald des Warmen Regens ist die Hoffnung, dass die Zeit aufhört weiterzulaufen, wenn niemand mehr ein Zeitgefühl hat.

Die Menschheit denkt von sich selbst, sie sei die Blaupause der Evolution.

Wozu noch Natur, wenn es doch Naturschutzgebiete gibt?

Im Wald des Warmen Regens endet meine Freiheit endet nicht an der Freiheit der Anderen.

Kultur entsteht immer nur dort, wo es verletzte Überlebende gibt.

Montag, 5. September 2011

Prolog

Dieses Buch beinhaltet eine radikal neue Frage ('Wie kann man den Körper würdigen?') und ihre Beantwortung. Die Frage ist dabei im Grunde gleichbedeutend mit der Kantischen Frage, was denn der Mensch wohl sei, nur das jetzt wirklich alles mit einbezogen wurde, was den Menschen ausmacht, und nicht nur das, was der Philosoph, der Theologe, der Soziologe, der Psychologe, der Biologe usw. selbst in den Menschen hineinprojiziert haben.
Das war nämlich das ganze Problem des Körpers, dass er mit jeder Definition auf dem Rücken nach Golgotha geschickt wurde - sei es als Tourist oder als zu Kreuzigender. Niemand hörte ihn an, denn niemand wollte den eigenen Verstand verraten, der sich alles so gerne untertan macht, es seiner Natur beraubt und kultiviert.
es wird sicherlich nciht wenige geben, die in diesem Buch einen unendlichen schweren Verrat an der Zivilisation, am Denken, an den Idealen entdecken. Dabei decke ich doch lediglich eure Vorurteile auf, mit denen ihr mir sogar vorwerfen wolltet, dass ich pberflächlich sei. Aber nur, wer den Körper als Körper ernst nehmen will, hat überhaupt begriffen, welche Tragweite die Frage nach dem Körper besitzt - als die eigentlich letzte und ewige Frage der gesamten Menschheit, solange gefragt werden kann.

Nehmen wir nun an, mich fragte jemand kurz und präzise, warum ich so geworden bin wie ich bin, warum gerade den Körper als Körper erkannt habe - käme dabei etwas anderes heraus als eine erneute Passionserzählung, eine Geschichte, in der der Hauptakteur alles offenbart, wie diese Welt, in der ich noch lebe und für die ich schreibe, gut werden, gut sein kann?
Freilich, meine Menschenliebe soll nicht in einer Kreuzigung enden - aber leigt es wirklich an mir, das zu verhindern? Denn ich erzähle alles und mache mich angreifbar - zumindest ist das die Konsequenz aus meinem Handeln. Wenn jedoch das Scheitern meiner Vorstellung schlimmer wiegt als das Abgestraftwerden von Leuten, die es eh niemals verstehen, dann habe ich keine Wahl, dann muss ich mich selbst verwirklichen, dann darf ich mich selbst verwirklichen, weil mich keine Moral mehr zurückhalten kann, da er nur noch etwas zu gewinnen gibt. Und vielleicht ist das die Erklärung: Für mich gibt es nur dann etwas zu verlieren, wenn ich nciht handele!
Dann bohrt jedoch der Fragende nach und verlangt eine historische Erkörung, wie aus einem normalen Jungen einer werden konnte, der auf solch eine Art um seine Art zu leben kämpft. Und so tue ich das, was ich am besten kann: nämlich über mich selber reden.
Es war wohl mit ca. sechs Jahren, als ich vom natürlichen, kindlichen Lebensübermut gepackt wurde und auf der Hochzeit von Onkel und Tante im Gästebuch einige kreisende Striche sah, welche ich sogleich mit dem danebenliegenden Kugelschreiber nachahmte und eine gesamte Seite allein mit meiner 'Unterschrift' verzierte. Statt diese Aktion aber mit meiner Kindlichkeit zu verrechnen und darüber zu schmunzeln, war meinen Eltern mein Verhalten dermaßen peinlich, dass ich heftig dafür bestraft wurde, ohne auch nur ahnen zu können, was ich da falsch gemacht haben sollte.
Ein zweiter Akt liebevoller elterlicher Fürsorge ereilte mich, als ich einmal mit eminem Vater in der ersten Bank in der Kirche saß, als gerade Gottesdienst gefeiert wurde. Ohne großes Verständnis für das, was da an heiligen Mysterien passierte, rutschte ich hin und her und durfte anschließend am eigenen Leib spüren, dass das zu Hause keine guten Konsequenzen für mich hatte.
Auch als meine Eltern mir vorwarfen, dass ich andere Leute angeblich nicht grüßen würde, wurde mir nicht etwa gesagt, dass es doch einfach wäre, sondern ich wurde auch nur abgestraft für ein Verhalten, dass mir niemand zuvor anders beigebracht hatte.
Alle diese drei Erlebnisse, an die ich mich noch erinnere, hatten gemeinsam, dass sie eine elterliche Pflicht zum Anstand beinhalteten. Man wollte sich nciht schämen für mich, mein Verhalten fiele ja schließlich auf die Eltern zurück. Vielelicht hätte man sein Kind ja auch besser erziehen können - aber wenn jemand Erziehung mit Kontrolle verwechselt, wird er es wohl eh nicht ändern. Oder wie ich sage: Man kann seine Kinder nicht schlecht erziehen und sich hinterher beschweren, dass sie schlecht erzogen sind!
Diese Erlebnisse, gepaart mit der generellen Willkür, die in Erziehungsfragen immer wieder akut war, hatten auf meiner Seite einen riesigen Vertrauensverlust in die Gutheit der Welt bzw. meiner Eltern zur Folge. Ich hatte seit dem ersten Tag, wo ichselbst denken konnte, selbst denken musste, das Gefühl, dass ich mich nur auf mich selbst verlassen konnte. Meine Kritik war mein Selbstwert.
Das alles hätte man durchaus noch als gewöhnlich abtun können und ich wäre vermutlich auch niemals so wie jetzt geworden, jedoch gab es da ein Schlüsselerlebnis das jedem mit einer guten Vorstellungskraft den Schweiß auf den Rücken und die Tränen in die Augen zu trieben fähig ist.
Meine Eltern fuhren mit meinen kleineren Brüdern weg, ich sollte ganz allein mit meinem nur zwei Jahre jüngeren Bruder das Haus aufpassen. Zudem wurde uns untersagt, im Garten Fußball zu spielen, um keine Zweige vom noch nicht sehr stabilen Apfelbaum abzuschießen. Wie Kinder dann aber so sind, genossen wir unsere Freiheit so großzügig und schossen natürlich auch einen Zweig mit wenigen Äpfeln ab. Diesen legten wir dann auf den Krchentisch, um zu zeigen, dass wir eingesehen hatten, dass unser Verhalten dumm war, weil es schlechte Folgen hatte, und die elterliche Einschränkung sinnvoll war. Das jedoch spielte überhaupt keine Rolle bei der anschließenden 'Strafzumessung', auch der Hinweis auf unser 'Geständnis' brachte nichts. Stattdessen wurden wir noch von unserer Mutter ausgelacht, dass wir so doof waren, den Zweig auf den Tisch zu legen und ihn nicht in der Mülltonne veschwinden zu lassen.
Man muss schon ein Unmensch oder Übermensch sein, damit einen solch ein Erlebnis nicht mitnimmt. Mitnimmt in eine andere Welt, die mir nicht zu Füßen lag, sondern erst noch geschaffen und erkämpft werden musste. Von mir.
Nun aber könnte der immer noch Wissbegierige weiter wissen wollen, warum ich mit diesem Start ins bewusste Leben nicht entweder total konservativ oder total der gescheiterte Rebell geworden bin. Und so geht mein Leben weiter:
Durch diese Erlebnisse war mir klar geworden, dass ich besser sein musste als meine Eltern und es war ungefähr in der siebten Klasse, als meine Mitschüler anfingen, nicht mehr Kind sein zu wollen, sondern erwachsene Verhaltensweisen an den Tag zu legen. Es war nicht mehr en vogue, sich zu verabreden und einfach zu spielen, man wollte auch seine Persönlichkeit darbieten. Gleichzeitig entdeckte man noch seine Eigenständigkeit, was körperlich fragwürdige Verhaltensweisen anging. Man wollte nicht mehr rennen und toben, sondern lieber zusammen sitzen, abhängen, chillen und Alkohol trinken, weil man ja so erwachsen sein wollte.
Unabhängig davon, dass ich zu dieser Zeit selbst meine körperliche Unschuldigkeit verlor, hatte ich aber immerhin den Drang, es anders zu machen, da ich die langweiligen und zur Gruppenerfahrung zwingenden Argumente der Erwachsenen darin erkannte: Spätestens dort war ich nicht mehr auf einer Ebene mit den Gleichaltrigen.
Es dauert vielleicht nicht einmal bis ich 14 war, dass ich Psychologie studieren wollte, um zu begreifen, as in dieser Welt los war und warum ich so dermaßen anders denken konnte. Diese Distanz zwischen mir und den Anderen wurde mit der Zeit immer größer und richtige Antworten hatte ich nicht, außer dass ich das Gefühl hatte, ein besserer, gerechterer Mensch zu sein, der viel auf sich nehmen kann, weil er so oft aneckt.
Als ich dann statt Psychologie 'nur' Theologie studieren konnte, aber nach zwei Wochen merkte, dass das genau das richtige für mich war, war ich unendlich erleichtert und fühlte mich mit einigen Leuten aus dem Studium so wohl, dass ich dachte, das 'Fußvolk' hinter mir lassen zu können und richtig durchstarten zu können. Durch meine allererste Hausarbeit, welch Nietzsches Text vom Tode Gottes behandeln sollte, kam ich dann mit dieser radikal skeptischen Gedankenwelt in Kontakt, die mir endlich eine Antwort lieferte. Es gab keine absolute Wahrheit, die daraud abgeleitete absolute Moral war falsch, ja sogar gefährlich. Die gesamte Welt der Logik stand mit sich selbst im Wiuderspruch. Es war wie eine Erlösung für mich, endlich passte die Welt zusammen. endlich konnte ich auch Gedanken entwickeln, die radikal darauf bauten, dass kein Ideal mich erniedrigte und dass ich mir selbst der höchste Maßstab bin. Nicht nur lehnte ich nun Alkohol, Zigaretten, Tattoos und Piercings ab - ich lernte auch zu verneinen, dass Schmuck, Schminke und hohe Schuhe Sinn machen könnten. Es waren Fremdkörper, die mich selbst entwerteten und ich verlangte das höchste, als ich schloss, dass keine Selbsterniedrigung den Menschen mehr treffen dürfe.Und dann kam das Semester, in dem ich von der Neueren und Neuesten Geschichte in die Ur- und Frühgeschichte wechselt, weil ich einen Bericht im Fernsehen darüber gesehen hatte, dass das erste Gebäude der Welt nicht einfach so als Wohnhaus entstand, sondern dass die Sesshaftigkeit erst eine Folge der Fixierung des religiösen Kultesauf einen festen Platz war. Das war die Initialzündung , um den Weg des Menschen bis zurück an seinen Anfang nachzuzeichnen und zu erkennen, dass der Mensch immer schon im Zwiespalt mit sich selbst und seiner Natur gestanden hatte. Erst mit diesem Hintergrund entwickelte ich die Idee vom Wald des Warmen Regens, wo der Mensch sich nciht mehr anders orientieren will und in jedem Moment vollkommen er selbst ist. Ich hatte einen Himmel geschaffen, wo der Mensch wirklich blank war und es keine Moral mehr brauchte, um sich vor der Natur zu schützen, sondern er war endlich wieder Natur, endlich wieder Lebewesen.
Allerdings war damit immer noch kein Weg aufgezeigt, noch kein zwingendes Argument gefunden, warum dieser Regenwald so viel besser als der theologische Himmel war.
Im Bemühen ein Thema für eine theologische Doktorarbeit zu finden, kam ich immer wieder nur bei der These an, dass das christliche Jenseits fallen müsste, fallen müsste als ein pures Ideal, das einfach nicht das Wesen des Menschen richtig trifft. Es fiel mir einfach auf, dass in den Texten der Eschatologie der Körper immer nur eine untergeordnete Rolle spielte bzw. immer nur idealisiert und bereits transformiert vorkam, was mich damals fragen ließ, wie sich der Körper theologie würde ließe. Dabei entdeckte ich die Paradoxie der Würdigung des Körpers und mir war klar, dass die Theologie und ich niemals mehr einen gemeinsamen Weg beschreiten könnten. Und als ich mich auch noch im Rahmen einer möglichen Promotion mit der konkreten ausgestaltung des Himmels befasste und lediglich raumzeitliche Metaphern fand, entwickelte ich zudem den Ausdruck von der (Ver-)Ortung des Himmels (auf Erden).
Mit am aktuellsten ist die durch eine sehr gute Freundin beeinflusste Wendung dahingehend, dass ich meine Überzeugung, meine Selbstliebe nicht gegen andere benutze, sondern auch auf sie zugehe, und dass ich dem Körper jetzt schon in dieser noch zivilisierten Welt einen Platz einräume und das kindlich-übermütige Spielen für wünschenswert und möglich halte.
Theologisch versucht vor allem die Praktische Theologie, den Körper miteinzubeziehen, jedoch wird das niemals zu solch einer Würdigung führen, wie ich sie anstrebe. Wenn von der neueren Praktischen Theologie die alte Vergessenheit des Körpers bedauert und der postmoderne Körperkult kritisiert werden, und wenn gleichzeitig eine echte Würdigung des Körpers in Schule, Kirche und Gesellschaft herbeigesehnt und gefordert wird, dann übersehen diese Leute dabei, dass im Körper sowieso nur das gewürdigt werden kann, was der Geist vorher als sein Wesen in ihn hineinprojiziert hat. Und wo Gott dem Projektionsvorwurf noch mittels seiner vorzeitigen Schöpferkraft und um seiner Erkennbarkeit willen entkommen kann, wehrlos, quasi nackt da.
Diese Vergessenheit und Wehrlosigkeit des Körpers wird nun wieder zu einer intentional-mystischen Aufgeladenheit. Tatsächlich geht es nämlich darum, den Körper für religiöse Praxis zu instrumentalisieren, ihn zum Erfahrungsraum zu machen und ihn wie eh und je als ausdruck der Seele darzustellen, was aber nur funktioniert, wenn ma ndas statische Bild, das man vom Geist hat, auf den Körper übertragt. Erst dann macht es auch Sinn, sich weitere körpertheoretische Aufarbeitungen zu wünschen. Wer jedoch der Körper erst dann wirklich als Körper spüren kann, wenn er theologisch aufgearbeitet wurde, der wird den Körper, besonders seinen eigenen Körper, niemals (vom Geist) entfesseln. Zusätzlich wird durch diesen gutmenschlichen Idealismus jede spätere Diskussion um den Körper im Keim erstickt und vorzeitig abgewürgt, da man ja angeblich schon stichhaltige Hinweise darauf beitzt, was denn der Körper ist. Dagegen hilft nur noch, den Körper endgültig in Ruhe zu lassen, ihn körpern zu lassen.
So bin ich also heute der, der ich bin. Ich kann niemals mehr zurück zu der Naivität, der der die meisten Menschen zufrieden sind, weil ich klar vor augen gesehen habe, was andere nicuht einmal ahnen. Ich bin die Antwort auf die Krisis und Gewissens-Kollision, welche Nietzsche heraufbeschworen hat und die endlich gelöst ist. Und ich will niemand anderer sein als der Prophet, welcher das gelobte Land betritt, weil er das Geschenk der Natur anzunehmen weiß. - Doch wie konnte überhaupt das Gegenteil die Regel werden?

Einmal während der langen fortentwicklung des Planeten nahm das Leben eine merkwürdige und, wie wir heute wissen, höchst fragwürdige Abzweigung. Als irgendwann nämlich zufällig intelligentere tiere zusammen saßen und gemeinsam dank ihres Lebensreichtums die Muße hatten, ihren Fähigkeitenschatz zu erweitern, da erhoben sie sich über ihren vorgesehenen, vorgegebenen und zugemessenen Lebensraum. Sie besiegten die sich ihnen ohne den Schutz des Blätterdachs dargebotene Fremdartigkeit durch immer neue Kreativität, bis sie wieder in einem ruhigen Moment voller Selbstgewissheit den Blick auf das ganze richteten und zu erkennen glaubten, dass nur ein ebenso denkendes Wesen für sie und die Welt verantwortlich sein konnte. Dabei jedoch gingen sie so weit, dass sie ihre eigentliche Herkunft verleugnen mussten. Sie konnten und - hier hat bisher keine weitere Entwicklung stattgefunden - können nicht anders, als den Körper für Kultur und Rausch sowie die Schönheit für die Verschönerung zu opfern und nachwie vor aus selber abgeholzten Wäldern auf ferne Himmel zu blicken.

Doch dieses Buch soll anders werden und helfen, dass aus Opfern Ex-Opfer werden. Unverhoffterweise kommt mir dabei sogar noch Wittgensteins Kritik am philosophischen Metaphysizieren zur Hilfe, wo ich einfach nur Sprache/Denken/Philosophie durch Körper/Kultur bzw. Schönheit/Verschönerung ersetzen muss, um eine eindrucksvolle Bestätigung meiner eigenen Kritik zu finden. Dies hat zwar keinen Wert für die konkrete Ausformulierung dessen, was der Wald des Warmen Regens ist, aber was könnte jetz tauch noch anderes kommen als eine immer wieder neue Besiegelung dessen, was zumindest für mich einfach feststeht?!

Epilog

Dieses Buch zu schreiben, es zu gliedern und zu ordnen, hat nicht immer Spaß gemacht. Wie auch?! - Da will man die Menschheit überzeugen, den Körper in jedem Moment vollkommen einzusetzen und dann fällt mir nur ein, mich - wie alle anderen auch - hinzusetzen und immer wieder Gedanken niederzuschreiben, an den Menschen zu verzweifeln, und wieder Gedanken aufzuschreiben.
Deshalb ist dieses Buch einerseits ein Scheitern, weil ich es schreiben musste und noch nicht im Wald des warmen Regens angekommen bin. Gleichzeitig ist dieses Buch (die Einerseits-Andererseits-Argumentation ist meiner theologischen 'Herkunft' geschuldet) aber auch ein Sieg über mich selbst und für mich selbst, da - wo jetzt aus Scham radikale Offenheit wurde - eine Konkretisierung immer auch eine Klärung zur Folge hat und nun jeder genau nachlesen kann, wo ich stehe.
Aber ich muss es gestehen: Dieses Buch ist auch ein schlechtes Buch, weil es sich wichtig nehmen und gegen jede Kritik immunisieren will, indem es Aneinanderreihungen vin Verben, Substantiven und metaphorischen Ausdrücken beinhaltet, auf dass sein Inhalt noch mehr Härte, Wucht und (unredliche) Durchschlagskraft erhält, auch wenn diese Aufzählungen logisch zwar äußerlich etwas hinzufügen, aber eigentlich nichts Neues bringen; schließlich bleibt die Struktur identisch. Und es wäre komisch, wenn jemand nur deshalb Vorfreude auf den Wald des Warmen Regens entwickelt hätte, weil sie manche Texte so elegant geschrieben anhören. Denn der Schluss dieses Buches ist nicht sein Platz in den Bestsellerlisten, sondern seine Vermoderung, wenn niemand mehr seinen Inhalt versteht, sondern nur noch das Holz für Holz hält. Daher ist die hier angebotene Vorfreude vor allem eine Vorfreude darauf, dass dieses Buch hinübergeht.
Vom Standpunkt dieser Welt nämlich bedeutet dieses Buch einen großen Verzicht und Nihilismus. Vom Standpunkt jedoch aus, dass wir in dem, was wir tun, entweder uns selbst, also den Körper, vernichten oder - und?! - auf ziemlich viel verzichten, ist der Wald des Warmen Regens die überreiche Welt, die nicht anders denkbar bzw. erlebbar, erkletterbar, erkörperbar wäre.
Zuletzt dürfte für den Leser, der nun verstehtm was ich sagen und erreichen will, klar sein, dass der Wald des Warmen Regens als (Ver-)Ortung des Himmels (auf Erden) zur Würdigung des Körpers erst dann wirklich ist, wenn der Mensch nicht mehr aus auch für dieses Buch abgeholzten Wäldern auf ferne Himmel blickt, sondern dieses Buch, diese zu erklimmende und wegzuwerfende Leiter, vermodernd auf dem Boden liegt, so dass der Wald aus ihm über es hinauswachsen kann und der Körper körpern kann.
Worüber ihr nicht einmal reden konntet, darüber werde ich klettern.

Dienstag, 23. August 2011

Rückseite

Gott ist ein Regenwald, ein leuchtender, der auf alles drumherumliegende abstrahlt und dich zu ihm lockt: Hier, komm her, ich bin dein Paradies.
Und wenn du zu mir kommst, dann will ich dich nicht überwältigen, sondern nur anhauchen mit meiner Liebe und Güte und Lebendigkeit; wenn du in mich eingehst, dann wirst du nicht untergehen, sondern dann wirst du gut aufgehoben sein; alle Unwägbarkeiten werden zu neuen Sicherheiten, Zögern wird zum Rennen, Stillsitzen wird zum Klettern und Scham wird zu radikaler Offenheit.

***

Als der Mensch den Wald abholzte, um den fernen Himmel erblicken zu können, da schuf er sich auch seine zwei Höllen auf Erden: den klaren Verstand und den natürlichen Körper. Dieses Buch handelt vom Gegenteil: der (Ver-)Ortung des Himmels (auf Erden) im Wald des Warmen Regens zur Würdigung des Körpers.

Sprüche (25)

Die Diagnose, dass die Kirche heute vor allem Lebenswende-Kirche sei, ist zwar korrekt, unterschlägt dabei aber, dass es zu allen Zeiten so war. Wer in der Wüste oder nach einem strengen Winter dem Tod ins Auge sah, der hatte seine alltägliche Lebenswende und auch das Heilsbedürfnis nach Kirche. Zudem waren die Familien einfach größer und die Lebenserwartungen geringer, so dass immer jemand geboren wurde, starb, getauft, gefirmt oder verheiratet wurde. Die Kirche hatte dazwischen immer schon wenig zu bieten - nur heute fällt es einfach mehr auf!

Ein Integrationsminister ausländischer Herkunft wird nicht weniger vorurteilsbeladen sein Feld beackern als ein Behinderter, der über die Rolle des Körpers in dieser und der nächsten Welt spricht: Mit Selbsthass bezüglich seines Typus oder mit Ressentiment gegen alles Bessere.

Auferstehung des Leibes: Körper minus aller körperlichen Bedingtheit!

Die Prozesstheologie legt Wert darauf, dass der Kosmos kein Zustand, sondern eine fortwährende Bewegung sei. Die Beweglichkeit haben sie beim Menschen, beim Körper allerdings wieder unterschlagen...

"Was schön ist, das muss ich kaufen." Dies ist bereits die zweite Phase, wo man schließt, dass Schönheit niemals natürlich ist, sondern ausschließlich gekauft und hergestellt wird. Dagegen ist die erste Phase noch harmlos, wo man lediglich glaubt, dass eine Korrektur hin zur Schönheit möglich ist...

Nietzsche glaubte, dass es eigentlich nur Geschmacksurteile gäbe, da alle logischen Urteile von ihnen abgeleitet seien. Dabei ist er aber noch nicht zum Körper vorgedrungen - das allein macht sein Pathos des Leidens aus, so dass er noch denjenigen loben kann, der um seines Ideals willen leidet. ABER: Nicht der Geist ist tragsam, sondern das gute Gewissen wird erkauft, indem man den Körper leiden lässt. Sich leiden zu lassen bedeutet eigentlich nur den Körper leiden zu lassen.

Wo ich Leben fand, da fand ich - den Körper entwürdigt.

Nietzsches Aufklärungspessimismus: "Zu Vieles klärte sich mir auf, nun geht mich nichts mehr an!" - Mein Denken ist eine neue, erst die eigentliche Aufklärung, die Aufklärung des Verstandes über sich selbst, indem er unter der Perspektive des Körpers auf das Leben blickt. Weil sich mir alles aufklärte, gehe ich nun alles an!

Gott ist durch die menschliche ultima ratio zur ultima ratio der Wirklichkeit geworden! Die, die das meiste haben, verlangen noch nach dem Höchsten. Gott also als Erleichterung für den Leidenden und als Sieg für den aus Kraft Suchenden.

Bisher hat man Nietzsche entweder bewundert oder widerlegt - nur ich bin über ihn hinaus, da ich seine Gedanken nicht als Irrweg betrachte, sondern als beste Konsequenz dessen, was möglich war angesichts seiner Zeit, seiner Gegner.

Wenn man einen Körper hat bzw. besitzt, dann braucht man ihn nicht würdigen: Schönheits-OPs als moderner Sklavenhandel und ästhetische Prostitution.

Was wir heute (auch an uns selbst) Natur nennen, ist ein ästhetisches und ungefährliches Zuständnis des Menschen an sein gutes und schlechtes Gewissen. Und das wiederum ist erschreckend kompatibel mit der bestmöglichen Auslegung von Gen 1,28.

Noch gravierender als das jesuanische "Liebet eure Feinde!" ist der Körper Provokation schlechthin, mobilisiert alle schlechten Instinke, alles Ressentiment, alle Moral, alle Kultur, alle Verschönerung gegen ihn und bringt ihn in Vergessenheit oder ans Kreuz. "Und siehe, der Vorhang im Wellness-Tempel zerriß in zwei Stücke von oben bis unten. Und die Erde erbebte, und die Felsen zerrissen, und die Gräber taten sich auf, und viele Leiber der entschlafenen Heiligen standen auf."

"Thronbesteigung des Körpers"

Die große Lehre von Herve Juvins "Die Thronbesteigung des Körpers" könnte neben der beinahe schon klassischen Kritik am falschen Umgang der Menschen mit dem Körper (Früher waren die Menschen in der täglichen Arbeit auf den gesunden Körper angewiesen, heute sitzen sie vor allem herum, so dass der Kröper frei für Drogen und verschönerung wurde) sein, dass es - wenn der westliche Kapitalismus zur medizinisch-technischen Neuformung des Körpers in bester sozialistischer Manier beiträgt - kein politisches System gibt, dass der Verwirklichung des Körpers zu Hilfe kommen könnte. Dann spielt es nicht einmal mehr eine Rolle, ob sich der Mensch für den Konsum oder für ein anderes Ideal aufopfert: Der Körper ist geknechtet!

Montag, 11. Juli 2011

Sprüche (24)

Verschönerung als Droge: ICH bin nicht hübsch genug, um mich hässlich zu finden.

In Würde altern - das klingt wie blanker Hohn für denjenigen, der begriffen hat, dass man gerade deswegen altert, weil man seinen Körper nicht würdigt...

Der dümmste Vorwurf, den man mir machen kann, ist zu behaupten, ich sei besessen - dabei bin ich doch nur vernünftig.

Bei den ganzen immer wieder verbesserten Fitnessübungen für Sportler sollte eigentlich klar sein, dass das beste Programm immer darin enden wird, die natürlichen Bewegungen der Menschenaffen möglichst genau abzubilden. Statt ins Fitnessstudio könnte man viel besser in den Regenwald gehen - aber wer würde danach noch freiwillig wieder 'Sport' machen?!

Der Mensch denkt nicht über die existenzielle Krise des Menschen nach, sondern sein Denken ist die Krise. Nicht aus einem verloren gegangenen Paradies ist die Krise entstanden, sondern die Differenz von Denken und Wirklichkeit ist immer schon vorhanden, nur dass das Denken jetzt erst darum weiß. Das heißt: Die Ambivalenz wird erweitert um ambivalente Möglichkeiten der Ambivalenzreduktion. - Alternativ: Wald des Warmen Regens.

Was ist das Ende des Fortlaufs der Kulturgeschichte? - Eine künstliche metaphysische Aufgeladenheit des gesamten Daseins, von mir jedoch durchschaut als ein Nihilismus, der sich nicht mehr über sich selbst aufklären kann, weil er so damit beschäftigt ist, sich immer mehr anzueignen, um der Leere zu entkommen ('natürliche Schönheit', 'natürliche Theologie', 'Genuss-Mittel', 'Bio-Technologie', 'slow media' etc.)

Die Theologie erklärt: "Die einzelnen Lebensmomente gewinnen ihren Wert, weil das Dasein endlich ist." - Nietzsche hält dagegen: "Die einzelnen Momente muss man deshalb lieben, weil sie kosmologisch ewig wiederkehren." - Ganz ehrlich, ich begreife dieses weil nicht: Seid ihr so krank am Leben, dass ihr noch eine Rechtfertigung dafür braucht, den Moment, den Tag als den Höhepunkt des Lebens zu erleben? - Wald des Warmen Regens. Die (Ver-)Ortung des Himmels. Die Würdigung des Körpers.

Mittwoch, 6. Juli 2011

Eine Selbstliebe, die...

"Wer aber leicht werden will und ein Vogel, der muss sich selber lieben – also lehre ich.
Nicht freilich mit der Liebe der Siechen und Süchtigen: denn bei denen stinkt auch die Eigenliebe!
Man muss sich selber lieben lernen – also lehre ich – mit einer heilen und gesunden Liebe: dass man es bei sich selber aushalte und nicht umherschweife. ...
Und wahrlich, das ist kein Gebot für heute und morgen, sich lieben lernen. Vielmehr ist von allen Künsten diese die feinste, listigste, letzte und geduldsamste."

Was Nietzsche vor über 100Jahren schon sagte, ist heute nicht weniger wahr. Die Menschen können sich nicht selber lieben - und wenn sie es doch behaupten, dann klingt es immer noch wie eine verdrängte Selbstverachtung. Was ich jedoch möchte, ist eine Selbstliebe, die sich selbst nicht vernichtet. Eine Selbstliebe, die den, der sie hat, nicht selbst vernichtet - da steht im Relativsatz eigentlich nichts anderes, als im Wort Selbstliebe schon drin steckt, die Aussage ist redundant.

Eine Selbstliebe, die ...
- anderen Alles abgeben möchte.

- einfach da ist und weder erkämpft noch erzwungen werden braucht.

- durch äußere Einflüsse nicht steigerbar ist.

- nicht vor anderen demonstriert werden muss.

- durch ihre Verwirklichung nicht das Ende des Verstandes oder des Körpers bedeutet.

- außerdem - weil Maßlosigkeit ihr Regelfall ist - so groß ist, dass man lieber auf sein Leben als auf seine Selbstliebe verzichtet.

Freitag, 1. Juli 2011

Ambivalente Autonomie

Matthias Junge - Ambivalente Autonomie

"Sichtbar wird, dass das Individuum, steht es diesem ins scheinbar unbegrenzte gesteigerten Möglichkeitsraum gegenüber, nicht mehr nur der klassischen ambivalenzreduzierenden Situation der Spannung von Individuum und Gesellschaft ausgesetzt ist, sondern nun verschärft sich dieses Problem. Denn jetzt ist die Gewinnung von Autonomie auch noch zur Auseinandersetzung mit [neuen eigenen] ambivalenzreduzierenden Möglichkeiten (...) konfrontiert. War ursprünglich Autonomie die Auseinandersetzung zwischen dem autonomiebegehrenden Individuum und restringierenden gesellschaftlichen Verhältnissen, so wird nun auch noch der gesteigerte Möglichkeitsraum eine zusätzliche Quelle der Erzeugung von Ambivalenz."

In meinen Worten, auf meine Fälle bezogen, gesagt: Das Verhältnis der Menschen untereinander ist nicht perfekt, sondern gebrochen, mehrdeutig, eben ambivalent. Eigene Wertungen werden mit fremden wertungen verglichen und abgeglcihen, aber eine friedliche Ko-Existenz zwischen eigenen und gesellschaftlichen Ansprüchen ist nicht (immer) möglich.
Nun passiert aber in der heutigen Zeit Folgendes: Wir haben eine Vielzahl von Möglichkeiten, um den verschiedenen Wertungen und Ansprüchen gerecht zu werden. Diese verschiedenen Möglichkeiten erzeugen allein schon durch ihre Vielzahl wieder eine neue Gespaltenheit, Mehrdeutigkeit, Ambivalenz, da es ja mehrere Arten gibt, mit der Situation umzugehen. Dabei können wir zwar ambivalente Situationen bewältigen, aber schaffen dabei selbst wieder neue Ambivalenzen, weil wir uns für die eine und nicht für die andere Möglichkeit entschieden haben.

Das aber ist meine ganze Wahrheit:
Der ambivalente Mensch hat ein unklares Verhältnis zu seinem Verstand und zu seinem Körper. ["Für den Durchschnittsmenschen gibt es zwei Höllen aud Erden: den klaren Verstand und den natürlichen Körper."] Der Mensch macht immer wieder einen Unterschied zwischen dem, was er ist, und was er sein sollte. Er versucht zum Beispiel schön zu werden, wo er sich nicht schön findet, ohne jedoch zufrieden werden zu können. ["Verschönerung ist das Gegenteil von Schönheit und nicht ihr Superlativ. (...) Je mehr man an Verschönerung glaubt, desto mehr glaubt man tun zu müssen, um zur Schönheit zu gelangen – aber so kommt man niemals bei ihr an."] Im Grunde weiß der Verschönernde auch, dass er niemals bei der Schönheit ankommt, aber es tröstet ihn, dass er zumindest zu seinem eigenen Optimum der Verschönertheit gelangen kann. Er hat dabei also das Ziel unbewusst verschoben und die Ambivalenz, den Unterschied zwischen seiner Realität und dem Ideal, eingeebnet.
So ist es auch bei der Drogeneinnahme: Man wünscht sich einen besseren Zustand des Glücks, der nicht so leicht oder gar nicht erreicht werden kann, so dass das Ziel des zu Erreichenden in den Bereich des Erreichbaren verschoben ist. Warum soll man sein Leben umkrempeln, wenn man es sich stattdessen auch schöntrinken kann?! Ob man nun trinkt, um zumindest zwei Abende in der Woche zufrieden zu sein, oder ob man jeden Tag raucht, um klarzukommen mit dem Stress, spielt dabei keine Rolle.
Das augenscheinliche Problem besteht nun darin, dass die vorhandene Ambivalenz streng genommen aber nicht gelöst wurde, sondern lediglich unterdrückt und verschleiert wird, und auch desto stärker verschleiert, je öfter man den gleichen Reflex benutzt, wodurch sich JEDE Einnahme aus sich selbst heraus steigert, und je gesellschaftlich akzeptierter die Reduzierung von Ambivalenz ist. Alkohol scheint mehr in Ordnung zu sein als Heroin. [Drogen nehmen, das bedeutet: sich abgefunden haben!]
Das eigentlich Fatale ist nun allerdings, dass man, wie ein Tourist, der in fremde Länder reist, um etwas Schönes, Neues, Interessantes, Anderes zu sehen, seine Reduzierung von Ambivalenz positiv wendet und man sich einredet, dass man beispielsweise dann einfach mehr Spaß hat, dass man dann größer, schöner, attraktiver, selbstbewusster, entspannter ist etc.
Denn die eigentliche Steigerung der Mehrdeutigkeit steckt nun darin, dass man sich alles ausredet, was einen dazu bringen könnte einzusehen, dass diese Handeln auch negative Konsequenzen hat. Konkret schalte ich dabei entweder meinen Verstand oder meinen Körper oder sogar beides aus. Letztlich geht jede Bewältigung auf Kosten des Körpers, auch wenn die Ausrede "Es ist ja immer noch mein Körper!" schon lange erfunden wurde. Das heißt: Man überwindet die Ambivalenz durch neue und im Grunde noch stärkere Ambivalenzen, die mich zwar noch weiter vom Glück und der Gesundheit wegbringen, was man aber erst dann bemerkt, wenn es schon zu spät ist. Die Gegenwart fungiert hier als Parasit der Zukunft.
ICH aber habe diese ganzen Möglichkeiten durchschaut, ich will nicht eine fremde Vernichtung durch eine eigene ersetzen ("Wenn ich ein Wochenende Gas gebe, dann bin ich deswegen die folgende Woche krank!" - "Wenn ich zur Entspannung rauche, dann bekomme ich später Kopfschmerzen und mir geht schneller die Puste aus!" - "Wenn ich mich hübsch aufgemacht habe, dann tut mir am nächsten Tag mein ganzer Körper weh!"). Es geht mir auch nicht darum, die negativen Folgen meiner Handlungen zu reduzieren (einfach weniger hohe Schuhe, weniger trinken und rauchen), sondern die Handlungen nicht mehr positiv darzustellen, die ich mache, weil ich sie ja angeblich selber will bzw. weil es mir Spaß macht.
Falls es mir wirklich mal schlecht gehen sollte - und das wird immer wieder vorkommen, sobald ich merke, dass meine Welt nicht widerspruchslos und nicht ambivalenzfrei ist,- dann muss ich mir halt genau überlegen, was ich tun kann, um das Erdrückende zu überwinden, ohne mich selbst, meinen Verstand und meinen Körper, zu unterdrücken. Ich nehme euch dabei keine Möglichkeiten weg - ihr verliert lediglich eure Ohnmacht! Konkret könnte das bedeuten: Entspannungsübungen statt Rauchen, Kirschsaft statt Alkohol, Brombeeren statt Burger, Bewegung statt Verschönerung und Rumsitzen. Die Würdigung des Körpers ist dann gar nicht mehr so weit weg: Wald des Warmen Regens!

Mittwoch, 29. Juni 2011

Sprüche (23)

Für einmalig halten sich die meisten Frauen schon dann, wenn auf dem Abiball niemand Zweites genau ihr Kleid trägt.

Wenn die Menschen etwas vermeintlich Unveränderliches vor sich haben, dann drehen sie vollkommen durch. Dann knien sie wieder wie vor einem strafenden Gott nieder und hoffen, möglichst wenig falsch zu machen.

Noch einmal zu Wittgenstein: Die Verwirrungen, die uns beschäftigen, entstehen gleichsam, wenn der Körper leer läuft, nicht wenn er körpert.

Ich ersetze das Heideggersche "wesen" durch 'körpern', ich konkretisiere es.

Für den Durchschnittsmenschen gibt es zwei Höllen auf Erden: den klaren Verstand und den natürlichen Körper. Das ist EUER ganzes Handeln!

(Die Wirkung von) Gruppenzwang ist auch nur der kleine Bruder des Stockholm-Syndroms.

Typische Zivilisationskrankheit: Drinnen im Warmen sitzen und darüber schimpfen, dass draußen die Welt untergeht.

Die Natur ist immer dort, wo der Mensch nicht ist: Fukushima wird vielleicht bald ein Biotop sein, Tschernobyl ist es jedenfalls schon!

Sich selber lieben: nicht gegen alle Vernunft, trotz aller Selbstzweifel, entgegen der Wahrheit - sondern indem ich den Körper in Ruhe lasse, ihn lebe-wesen lasse, körpern lasse...

Die Junktoren (und, oder, weil, genau dann wenn etc.) sind ebenso metaphysische Zeichen...

"Ihrem Elende wollten sie entlaufen, und die Sterne waren ihnen zu weit. Da seufzten sie: »O daß es doch himmlische Wege gäbe, sich in ein andres Sein und Glück zu schleichen!« – da erfanden sie sich ihre Schliche und blutigen Tränklein!" - Sie wollten high sein, aber die Bäume des Regenwalds kamen nicht mehr in Frage, da begannen sie, Weizen anzubauen...

Ironie der Geschichte - Das notwendige Ende der Multi-Kulti-Gesellschaft

Die selbstverursachte Flutung der westlichen Gesellschaften durch archaisch fühlende, herrrschsüchtige Migranten wird, daran kann es keinen redlichen Zweifel geben, auf jeden Fall zum Ende der homo-links-grün-dominierten multikulturellen Gesellschaft führen.
Der eine, vor allem peinliche, Weg führt dabei über immer mehr islamophile Zugeständnisse geradewegs in die Scharia. Deutschland würde kampflos übergeben und dann - das ist vielleicht das einzig Positive (?) - könnten die progressiven Multi-Kulti-Träumer ihre Hölle auf Erden erleben, wenn sie nicht sowieso vorher gesteinigt würden.
Der andere Weg jedoch führt zur Rückbesinnung auf alte deutsche Tugenden. Wo die Nachkriegsordnung im Gleichschritt mit den medizinischen Errungenschaften und sozialpolitischen Weichenstellungen nichts wirklich Bedrohliches zum Fürchten mehr übrig ließ, wo spätestens 1968 alle Männlichkeit verteufelt wurde, wo das Ehrbare und Heroische ausnahmslos einer faschistischen Gesinnung zugeschoben wurde, verweichlichte und verweiblichte Deutschlands Bevölkerung zusehends. Denn die Frauen erreichten ihre 'Gleichstellung' nicht, wie ursprünglich mal gedacht, durch einen Akt der Selbstaufklärung, sondern in erster Linie durch das schlechte Gewissen der Männer und durch dadurch legitimierte Quoten zur Umverteilung von Macht und Verantwortung. Und schlussendlich produziert solch eine entmannte Gesellschaft, die den Krieg und den eigenen körperlichen Verfall weniger fürchtet als die soziale Isolation, automatisch Menschen, die ihren Selbsterhaltungstrieb besser mit Worten als mit Fäusten auszuschöpfen wissen.
Hier kommen jedoch die noch gewaltfähigen und gewaltbereiten Migranten ins Spiel. Denn dort, wo der Konsens und die gegenseitige Toleranz schon dadurch nicht erreicht werden können, weil die Gegenseite im wahrsten Sinne des Wortes nicht die gleiche Sprache spricht, und wo sich die Deutschen gleichzeitig noch nicht aufgegeben und abgeschafft haben, verursachen sie, die Migranten, eine soziale Rückkopplung. Die Leute, die angefangen haben zu befreifen, dass ihre Art zu leben bzw. ihr Leben selbst in Gefahr ist - im Gegensatz zu den Links-Grünen haben wir hier das erkannt -, werden ungeheuerliche Selbstheilungskräfte freisetzen, die im Extremfall wieder (?) im Faschismus enden, aber im günstigen Falle eine deutschland- und vielleicht sogar europaweite Selbstbesinnung und Selbstheilung in Gang setzen, so dass die einheimische Bevölkerung Ausländer genau so duldet wie Deutsche mit anderen Lebenseinstellungen, aber die dann nur solche Migranten im Land haben will und wird, wenn diese die gewachsene Kultur Deutschlands akzeptieren und nicht unsinnige Forderungen stellen, mit denen sie die Deutschen über das links-grün-anerzogene Scham- und Schuldgefühl gegen sich selbst aufwiegeln können.
Wenn also die kulturfremde Immigration nach Deutschland nciht länger als begrüßenstewerte Ideologie gepriesen bzw. als notwendig gegen den sogenannten Fachkräftemangel hingenommen wird, kann es dazu kommen, dass eine alte, neue Leitkultur (Abschaffung aller Frauen-, Migranten- und Behindertenquoten; weitreichendes Abtreibungsverbot; Vorrangstellung der heterosexuellen (Ehe-)Gemeinschaft; Zulassen von echtem Expertenwissen bei vorrangig technischen Fragen, z.B. Klimawandel, Gefahr der Atomkraft, S21; Steuersenkung statt Griechenlandhilfe; Subsidiarität statt EU-Zentralismus) entsteht und man nicht mehr schief angeguckt wird, wenn man außerhalb einer Fußball-WM ausruft: "Ich liebe Deutschland!"

Kommen wir dem Wald des Warmen Regens mit dieser Analyse der gesellschaftlichen Zustände eigentlich näher? - Kultur ist ein großes Krankheitssymptom, aber die kulturelle Selbstliebe des Menschen kann wenigstens eine Stufe sein auf dem Weg zur Liebe des Körpers und des Lebens!

Mittwoch, 18. Mai 2011

Eitelkeit bei Nietzsche

Jenseits von Gut und Böse, Aphorismus 261:

"Zu den Dingen, welche einem vornehmen Menschen vielleicht am schwersten zu begreifen sind, gehört die Eitelkeit: er wird versucht sein, sie noch dort zu leugnen, wo eine andre Art Mensch sie mit beiden Händen zu fassen meint. Das Problem ist für ihn, sich Wesen vorzustellen, die eine gute Meinung über sich zu erwecken suchen, welche sie selbst von sich nicht haben – und also auch nicht »verdienen« –, und die doch hinterdrein an diese gute Meinung selber glauben. Das erscheint ihm zur Hälfte so geschmacklos und unehrerbietig vor sich selbst, zur andren Hälfte so barock-unvernünftig, daß er die Eitelkeit gern als Ausnahme fassen möchte und sie in den meisten Fällen, wo man von ihr redet, anzweifelt. Er wird zum Beispiel sagen: »ich kann mich über meinen Wert irren und andrerseits doch verlangen, daß mein Wert gerade so, wie ich ihn ansetze, auch von andern anerkannt werde – aber das ist keine Eitelkeit (sondern Dünkel oder, in den häufigeren Fällen, das was ›Demut‹, auch ›Bescheidenheit‹ genannt wird).« Oder auch: »ich kann mich aus vielen Gründen über die gute Meinung anderer freuen, vielleicht weil ich sie ehre und liebe und mich an jeder ihrer Freuden erfreue, vielleicht auch weil ihre gute Meinung den Glauben an meine eigne gute Meinung bei mir unterschreibt und kräftigt, vielleicht weil die gute Meinung anderer, selbst in Fällen, wo ich sie nicht teile, mir doch nützt oder Nutzen verspricht – aber das ist alles nicht Eitelkeit.« Der vornehme Mensch muß es sich erst mit Zwang, namentlich mit Hilfe der Historie, vorstellig machen, daß seit unvordenklichen Zeiten, in allen irgendwie abhängigen Volksschichten der gemeine Mensch nur das war, was er galt – gar nicht daran gewöhnt, Werte selbst anzusetzen, maß er auch sich keinen andern Wert bei, als seine Herren ihm beimaßen (es ist das eigentliche Herrenrecht, Werte zu schaffen). Mag man es als die Folge eines ungeheuren Atavismus* begreifen, daß der gewöhnliche Mensch auch jetzt noch immer erst auf eine Meinung über sich wartet und sich dann derselben instinktiv unterwirft: aber durch aus nicht bloß einer »guten« Meinung, sondern auch einer schlechten und unbilligen (man denke zum Beispiel an den größten Teil der Selbstschätzungen und Selbstunterschätzungen, welche gläubige Frauen ihren Beichtvätern ablernen, und überhaupt der gläubige Christ seiner Kirche ablernt). Tatsächlich wird nun, gemäß dem langsamen Heraufkommen der demokratischen Ordnung der Dinge (und seiner Ursache, der Blutvermischung von Herren und Sklaven), der ursprünglich vornehme und seltne Drang, sich selbst von sich aus einen Wert zuzuschreiben und von sich »gut zu denken«, mehr und mehr ermutigt und ausgebreitet werden: aber er hat jeder Zeit einen älteren, breiteren und gründlicher einverleibten Hang gegen sich – und im Phänomene der »Eitelkeit« wird dieser ältere Hang Herr über den jüngeren. Der Eitle freut sich über jede gute Meinung, die er über sich hört (ganz abseits von allen Gesichtspunkten ihrer Nützlichkeit, und ebenso abgesehn von wahr und falsch), ebenso wie er an jeder schlechten Meinung leidet: denn er unterwirft sich beiden, er fühlt sich ihnen unterworfen, aus jenem ältesten Instinkte der Unterwerfung, der an ihm ausbricht. – Es ist »der Sklave« im Blute des Eitlen, ein Rest von der Verschmitztheit des Sklaven – und wie viel »Sklave« ist zum Beispiel jetzt noch im Weibe rückständig! –, welcher zu guten Meinungen über sich zu verführen sucht; es ist ebenfalls der Sklave, der vor diesen Meinungen nachher sofort selbst niederfällt, wie als ob er sie nicht hervorgerufen hätte. – Und nochmals gesagt: Eitelkeit ist ein Atavismus*."

*Atavismus = Rückfall in alte Zeiten

Wie konnte sich der Begriff der Vornehmheit bloß von den Unvornehmen so sehr uminterpretieren lassen, dass er heute durch Arroganz, Überheblichkeit oder Menschenverachtung ersetzt wurde? Wo sind all die Vornehmen bloß hin?

Sprüche (22)

Niemand wird mit abrasierten Beinen in den Garten Eden kommen. - Das ist mehr ein Indikativ als ein Imperativ!

Was ist die körperfeindlichste Krankheit? - Die Thrombose.

Eine Mutter spritzt ihrer Tochter Botox, damit sie schöner wird, und alle regen sich zu recht darüber auf. Dieselben Leute glauben allerdings, dass Dummheit sich mit dem Alter in Vernunft verwandelt.

Bedürfnis und Befriedigung

Wenn wir kritisieren, dass die Wirtschaft uns einredet, dass wir Bedürfnisse haben (sollen), die uns die Wirtschaft anschließend auch noch befriedigt, so wird man mit gutem Grund auch die vorher angesprochenen körperlichen Bedürfnisse wie die psychologischen Bedürfnisse kritisieren dürfen bzw. müssen. Psychologen "therapieren" die von ihnen erfundenen Krankheitsphänomene wie die Sportindustrie unser Bedürfnis nach Bewegung befriedigt. Selbst wenn wir unterstellen, dass die psychologischen Verlangen ähnlich 'natürlich' sind wie die körperlichen (auch wenn es wirklich Soziologen geben soll, die behaupten, dass unsere Bedürfnisse nach Bewegung, Fitness etc. unter das verächtliche Phänomen des Jugendwahns fallen), so habenwir immer noch einen zivilisatorischen - falschen - Begriff von Natürlichkeit vor Augen, der mit der reichen und üppigen Natur da draußen (wie wahr) nichts zu tun hat. Ein Tier 'konsumiert' nur dann Nahrung, wenn es am Rande des Überlebens kämpft. Psychologische, ökonomische, motorische, ernährungstechnische Bedürfnisse jedoch gibt es in einer vollkommenen Welt nicht. Junge Affen greifen beispielsweise nicht aus Hunger nach immer mehr Insekten, sondern um ihr Machtgefühl zu steigern. Denn wo das Leben reichlich vorhanden ist, da gibt es Nahrung und Bewegung im Überfluss, jedoch keinen wirtschaftlichen oder psychologischen Konsum. Konsumieren wollen bedeutet ebenso aus abgeholzten Wäldern auf ferne Himmel zu blicken.

Wie: Ist alle Theologie zum Schluss doch wieder nichts anderes als...? ... Und was ist mit Wittgensteins Versuch, die Philosophie zu heilen und sich selbst von der falschen Philosophie zu heilen? Und noch deutlicher: Was ist dann zuletzt der Trieb zur Wahrheit? - "Muss Wollen also doch zu Nicht-Wollen werden?" - Ihr versteht es besser, meine Freunde!

Montag, 9. Mai 2011

Sprüche (21)

Lieber eine mutige Dummheit als eine feige Klugheit!

Es heißt, Schwule seien die besten Männer; aber kein Mann würde behaupten, dass die besten Frauen Lesben sind - wer kann sich diese Asymmetrie erklären?

Wenn ich eine Frau auf hohen Schuhen sehe und ihr sage, dass sie doch mal richtig laufen lernen sollte, dann würde sie das mit Sicherheit missverstehen. Sie würde noch eifriger an ihrer Gangart arbeiten und sich noch mehr damit identifizieren - aber ich meinte doch, dass sie den Wert der Bewegung ganz neu überdenken sollte und den Körper nicht mehr mit sinnlosen und lebensfeindlichen Idealen aufladen solle. Der Wald des Warmen Regens ist die Befreiung des Körpers aus der Umklammerung durch die eigenen Ideale.

Ein möglicher Einwand wäre: "Warum willst du die Ideale und Intentionen überhaupt so zurückdrängen, wenn der Geist als deren Träger auch die lebendigen Handlungen anstoßen, rechtfertigen und nejahen könnte?" - "Aber im Glauben an das Anstoßen des Körpers durch den Geist verrätst du bereits deine falsche Auffassung. Für dich ist der Körper etwas Statisches, nicht mehr als eine noch zu bereichernde Situiertheit - und es ist nicht unwahrscheinlich, dass du, während dir dieser Einwand eingefallen ist, gesessen hast und/oder du deinen Körper gerade nicht bewusst gespürt hast...also bitte lass deinen Körper in Ruhe mit deinen Idealen! Denn wenn jeder diesen Sabbat hält, dann bricht das Reich des Körpers an."

In der westlichen Welt mit ihrer durchgängien Medikalisierung hat der Mediziner eigentlich nur die Rolle des Priesters übernommen! Wer heil sein will, vertraut sich einem Menschen an, dem man mehr Ahnung beim Gesund- und Heil-Werden zutraut. Dass man damit aber nur die Symptome und nicht die Ursachen bekämpft, ist das typische Missverständnis einer an sich selbst leidenden und auf fremde Erlösung hoffenden Menschheit. Beide zweifeln zudem, ob es so etwas wie volle Gesundheit überhaupt geben kann, denn jede Phase von Frieden mit dem eigenen Kopf und dem eigenen Körper begreifen sie nur als kurzes Intermezzo zwischen zwei Kriegs- und Schmerzzuständen; beide haben nicht begriffen, dass ihre Unvollkommenheit aus einer mangelnden Würdigung des Körpers herrührt...

Um den Sternenhimmel in voller Pracht erblicken zu können, muss man zuerst den ganzen Wald abholzen.

"Die medikalisierten Körper"

Kapitel 5 aus "O'Neill - Die fünf Körper"

Wo immer mehr Wert auf die Therapie von Krankheiten gelegt wird und der Staat Gesundheitsberufe schafft, da entsteht "eine indirekt krank machende Macht, ein Gesundheit strukturell negierender Effekt. Sie [die Gesundheitsberufe] verwandeln Schmerz, Krankheit und Tod von einer persönlichen Aufgabe in ein technisches Problem und entleeren damit die Fähigkeit des Menschen, mit der eigenen Situation autonom umzugehen." ... "Verspricht man, vor allem durch Experten, eine allgemein gesicherte Gesundheit, so sind die Leute offenbar bereit, jede Phase und jede Facette ihres Lebens klinisch-stationärer Fürsorge zu unterwerfen." ... "Der medikalisierte Körper ist das Denkmal des Konsums." ... "In der Moderne greift der Staat im Namen eines therapeutischen Gesundheitsdienstes an seinen Untertanen noch viel tiefer nach ihren Köpfen und Körpern und setzt sich fest." ... "Der religiöse Mensch wurde geboren, um erlöst zu werden: der homo psychologicus wird geboren, um befriedigt zu werden."

Wie zum vorangegangenen Kapitel auch wieder einige Anmerkungen:
1.Wie schon beim zuvor thematisierten exzessiven Konsum geht es auch der Pharma-Industrie nicht darum, den Menschen gesund werden zu lassen, sondern ihn in immer größer werdender Abhängigkeit zu halten. Krankheiten zu therapieren bringt in jedem Fall größeren Gewinn durch ein größeres Abhängigkeitsverhältnis des 'Patienten' mit sich. Nicht der Kranke, sondern derjenige, der sich weigert, vorsorglich-untersuchend zum Arzt zu gehen, wird wie ein Aussätziger behandelt. Von den ganzen erfundenen psychologischen Krankheitsbildern, die als Konsequenz dazu führen, dass es gar keinen 'gesunden Menschen an sich' mehr gibt, will ich gar nicht erst reden...
2.Seit einiger Zeit schon werben Joghurt-Hersteller mit der gesund machenden Kraft ihrer Produkte. Wäre nicht ein Anfang gemacht, wenn keine Dinge mehr produziert würden, die wenigstens nicht krank machen?
3.Obamas großes innenpolitisches Projekt ist es, allen Menschen in seinem Land den Zugang zu einer Krankenversicherung zu ermöglichen. Etwas, das wie ein Segen für alle Menschen betrachtet werden könnte, ist bei genauerem Hinsehen aber auch nur ein Machtmittel des Staates, seine Bürger unter seine Kontrolle zu bringen. Warum sollte es einem Menschen nicht möglich sein, sich ärztlicher Behandlung komplett zu verweigern, wie es auch bei lebensverlängernden Maßnahmen am Ende des Lebens möglich ist? Aber nein, der Mensch muss jung und dynamisch sein, um ausbeutbar zu bleiben. Solange Bewegung nicht therapeutischen Zwecken dient, ist sie unerwünscht...
4.Erlösung und medizinische Heilung sind keine widersprüchlichen Faktoren in der Gesamtabrechnung des Lebens. Im Bedürfnis nach Erlösung drückt sich das gleiche Gefühl von Unvollkommenheit aus, wie es heute im Gesundheitswesen der Fall ist. Mit seinem Abfall aus der Natur hat der Mensch seine Sterblichkeit und Endlichkeit mit eingekauft, die er auf der religiösen Seite heute einfachhin akzeptieren soll, während er sie auf der therapeutischen Seite durch den staatlich verordneten Konsum von wirtschaftlichen und pharmazeutischen Mitteln verdrängen kann. Durch diese Polarisierung haben sie es gemeinsam in der Hand, den Menschen als von Natur aus krankes Wesen zu demoralisieren und dem Körper jede Chance auf Entfaltung zu nehmen.
5. Summa summarum bedeutet das: Sowohl das religiöse Heilsverlangen als auch die Bedürfniserweckung durch die Konsum-, die Kosmetik- und die Pharma-Industrie machen aus dem Menschen ein krankes Tier, das seinen Körper missverstehen, schwächen, entwerten, verachten und aufgeben soll. Die nicht-religiösen Methoden sind lediglich deshalb moderner, weil sie dem Menschen ein Gefühl von Souveränität und Verfügungsgewalt zurück geben, das der Mensch scheinbar verloren hatte, aber in zunehmendem Maße weiter verliert. Wo nämlich von allen Seiten auf den Körper eingeprügelt wird, ist der ganze Mensch zuletzt nur ein Spielball verschiedener Absichten, mit denen man aus abgeholzten Wäldern auf ferne Himmel blickt.

Deshalb: Lasst den Körper in Ruhe!

Freitag, 6. Mai 2011

"Die Konsumenten-Körper"

Kapitel 4 aus "O'Neill - Die fünf Körper"

"In unserer eigenen Ökonomie scheinen wir unfähig zu sein, zwischen Subsistenz- und Prestige-Ökonomie zu unterscheiden." ... "Wenn wir also nicht lernen, uns zu verweigern und Widerstand zu leisten, dann wird aus dem, was früher Selbst-Bewusstsein und persönliche Identität genannt wurde, nichts als eine Konsumenten-Fähigkeit. ... Die massivste Ausbeutung entsteht immer da, wo die Wirtschaft uns lehrt, unseren Körper in seinem natürlichen Zustand zu entwerten und ihn erst wieder aufzuwerten, wenn ihm Eleganz, Spontaneität, Lebendigkeit, Schwung, Selbstvertrauen, Gewandtheit und Frische anverkauft wurden." ... "Millionen von Konsumenten werden so bereits in ihrer frühesten Kindheit mit der Last einer angelernten Unzufriedenheit beladen." ... "In kaum einer anderen Hinsicht war das Wirtschaftssystem bei der Aufstellung von Werten und der Anpassung sich daraus ergebender Verhaltensweisen an die eigenen Bedürfnisse so erfolgreich wie bei der Formung weiblicher Einstellung und Verhaltensweise." ... Die Werbung ist voll von Menschen, "die sich recken und strecken zum Einklang mit einer Idealfigur, die sich ihnen immer wieder entzieht." ... "Man kann argumentieren, dass die sogenannte sexuelle Revolution in Wirklichkeit ein Phänomen einer sehr viel tiefer reichenden körperlichen Entfremdung ist, sofern sie Sex zur Arbeit macht und neue Sorgen produziert, etwa wegen Unersättlichkeit und Orgasmus-Häufigkeiten, oder Sex wird gar - wie eine Kaffeepause - zum Moment der Entspannung noch eiligerer Leute."

Einige Anmerkungen:
1.Konsum als Statusgut hat, wie O'Neill selbst ebenso im Text sagt, in allen Gesellschaften existiert, solange es Menschen überhaupt gibt. Mensch-Sein ist gerade das Auseinander-Fallen von Sinn und Bedeutung, von Ideal und Wirklichkeit. Heute steckt jedoch eine mächtige Industrie dahinter, die so etwas wie Befriedigtheit nur als Zwischenzustand kennt, worauf immer wieder eine zu befriedigende Unlust folgen muss. Vielleicht wäre es sogar korrekt zu sagen, dass nicht die Privatsender als solche Kinder früh verderben, sondern die gezeigte Werbung der Grund dafür ist, dass Kinder nicht mehr kreativ spielen können und wollen, sondern ihr Heil im Konsum irgendeiner Ware sehen. Das Kind macht damit in seinem persönlichen Leben genau die gleichen Evolutionssprünge durch wie die Menschheit als solche.
2.Wenn von massivster Ausbeutung des Körpers durch die Wirtschaft die Rede ist, sollte auch wieder dabeigesagt werden, dass der Körper immer schon ausgebeutet wird, sei es nun durch antrengende Lohnarbeit oder durch einen selbstverordneten Zwang zur Ästhetisierung. Wir sollen uns nicht durch ihre Produkte schön, sondern ohne ihre Produkte hässlich, wertlos, unangemessen fühlen; so empfinden es auch primitive Gesellschaften, die ihrem Körper sonstwie Schaden zufügen, um einen langen Hals oder kleine Füße zu bekommen. An der Würdigung des Körpers war der Mensch noch nie ernsthaft interessiert - und wenn doch...so kennt ihr seinen Ausgang!
3.Dass Frauen in geschätzt 80% der Werbefilme als werbende und beworbene Personen auftauchen ist kein Wunder - wie für Jugendgewalt, exzessives Trinken und Rauchen, sind sie auch für Ästhetisierung und Markendruck besonders empfänglich. Man macht sie zum Objekt, das durch andere Objekte, die die Wirtschaft an die Frau bringt, überhaupt erst zu einer ernstzunehmenden Person werden kann. Sie bleibt so lange das schwache, minderwertige Geschlecht, wie sie sich nicht durch allen möglichen Kosmetika aufgewertet hat. Das geht sogar so weit, dass es viele Frauen gibt, die sich zwar selbst im Spiegel ansehen können, aber es anderen Menschen (und damit auch sich selbst) nicht zumuten möchten, ungeschminkt auf die Straße zu gehen. Aber Verschönerung ist das Gegenteil von Schönheit und keine Steigerungsform - bei der Schönheit selbst kommt man auf diese Weise niemals an.
4.Es ist richtig, dass heute viele Leute mit ihrer Sexualität umgehen, als wäre es einerseits nichts besonderes und andererseits das Non-plus-ultra, der Höhepunkt eines jeden Tages. Die vorangegangene Tabuisierung hat dem Sex einen Mythos beigelegt, der sich auch durch die offenste Darbietung in aller Öffentlichkeit immer noch hält - man fühlt sich im Grunde jedes Mal so, als hätte man schon wieder eine (Scham-)Grenze durchbrochen. Das zeigt aber auch, dass die Scham keineswegs gewichen ist, sondern lediglich als Stimulans, als Fetisch, dient. Ich hatte schon einmal gesagt, dass es keine menschliche Gesellschaft geben kann, in der das Sexual-Tabu gefallen wäre - es ist heute lediglich in eine Bedürfnis-Befriedigungs-Logik eingespannt, der man sich gerne aussetzt, weil man ja so viel am Ende dabei herausbekommt.
5. Es kann nicht darum gehen, alle Ästhetisierung und Ausbeutung (durch die Wirtschaft) zurückzunehmen und damit wieder in die Körpervergessenheit zu verfallen, die uns viele Jahrhunderte hindurch begleitete. O'Neills Problem ist nämlich, dass er den Körper vor allem als Metapher versteht bzw. nur insofern begreift, als er durch gesellschaftliche Aspekte mit Idealen aufgeladen ist. Aber ich schrieb es bereits: Seine Abwehr der falschen Ideale alleine wäre wieder einmal eine Zunahme der körperlichen Entfremdung, da O'Neill ja doch nichts Lebendiges mit dem Körper anzufangen weiß, was wäre: Laufen, Rennen, Springen, Klettern, Essen, Trinken etc.

Donnerstag, 5. Mai 2011

Theologie und Körper (2)

2. Leonhard - Leiblich lernen und lehren: Ein religionsdidaktischer Diskurs

"Die Körperbesessenheit der Erlebnisgesellschaft rückt jahrhundertelanger Körpervergessenheit 'zu Leibe'. Körperkulturen enthalten Paradoxa: durch Zugriffe von Medizin und Sport ... und die ästhetische Vergewaltigung der Körper." Der Mythos der Jugend steht "im Dienst einer Weltflucht, die den bedrückenden Erfahrungen der eigenen Endlichkeit durch Schönheit und Jugend zu entkommen sucht." Die zunehmende Digitalisierung weist da in eine andere Richtung: "Die Tendenzen zur Verkörperung und Entkörperung bestehen nebeneinander." ... "Schmerz, Schmutz, Anstrengung, Hunger, Schweiß und Körpergeruch sind hier genau so wichtig wie Wohlbehagen, Lust, Entspannung, Duft und Frische. Den Körper zu kultivieren, hieße eher, ihm Sorge zu tragen, seine Prozesse und Bedürfnisse wahrzunehmen und sie zu achten, ihm Nahrung, Hygiene, Bewegung, Ruhe, Zärtlichkeit und was er sonst braucht zu geben und auch deren schmerzliche Schattenseiten als zugehörig zu begrüßen." ... "'Somit käme alles darauf an, die Schnittstelle zwischen [Körper-]Bildern und Körpern als eine des Schmerzes festzuhalten und sich nicht in die schmerzlose Dummheit einer in sich befriedeten Intelligenz einzulassen. ... Man muss heute für diese Niederlage kämpfen, auch wenn man es nicht kann.'" ... "'Die Funktion des lebendigen Leibes kann ich nur verstehen, indem ich sie selbst vollziehe, und in dem Maße, in dem ich selbst dieser einer Welt sich zuwendende Leib bin.' Zu merken ist der Leib vor allem dort, wo er dem Tun, den Projekten Schranken setzt." ... "Innere Distanz bedeutet also, dass ich nicht in meiner Leiblichkeit aufgehe, sondern als Person den Leib zu übernehmen habe, der ich als natürlicher Leib schon bin".

Auch hier wieder nur einige Hinweise:
1.Der Körpervergessenheit wird nicht zu Leibe gerückt, sondern sie geht erst richtig los: Wo die Menschen jahrtausende lang ihren Körper arbeitstechnisch einsetzen mussten, war der Körper nicht vergessen, nur schon so sehr am Limit, dass man nichts weiteres mit ihm anfangen konnte bzw. musste. Erst mit der Begrenzung der Arbeitszeit des Tages entwickelte sich Freizeit, in der man etwas unternehmen konnte. Mit dem Aufkommen der Dienstleistungsberufe wurden viele Körperfähigkeiten nicht mehr gebraucht, die Digitalisierung tut ihr übriges. Erst dadurch ist möglich, dass wir mit dem Körper etwas anderes anfangen können. Nur inzwischen haben wir schon völlig vergessen, was wir mit ihm machen können. Sport ist zwar schön, aber doch nur ein Symptom - den Körper gewürdigt haben wir damit noch lange nicht. Noch deutlich einschneidender ist jedoch die ästhetische Aufwertung bzw. Selbstverstümmelung des Körpers, die in allen früheren, archaischen Menschheitszeitaltern auch schon ausgeprägt war, welche heute jedoch als einzige Funktion des vollständig domestizierten Körpers übrig bleibt. Fitness und Ästhetik arbeiten dabei beide gemeinsam daran, den Körper als Körper zu entwerten.
2.Man sollte nicht meinen, dass man Körperbild und Körper miteinander versöhnen kann, indem man die Spannung aufrecht erhält. Man würde damit nur ein Krankheitssymptom - die bewusste Abwertung des Körpers - durch ein anderes ersetzen, da die Würdigung des Körpers erst vollkommen erreicht wäre, wenn kein Ideal mehr auf ihn wirkt. Die erhoffte Niederlage ist also nur die Verdrängung der Lösung.
3. Es kann nicht darum gehen, dem Körper alle Bedürfnisse zu erfüllen und dessen Schattenseiten anzunehmen. Denn er hat seine Schattenseiten nicht durch seine mangelnde Kultivierung, sondern gerade auf Grund der Kultivierung, der Aufladung des Körpers mit Idealen. Schmutz, Anstrengung und Körpergeruch auf der einen und Wohlbehagen, Lust und Frische auf der anderen Seite sind gerade keine Gegensätze, sondern im Wald des Warmen Regens Entsprechungen.
4.Tatsählich spürt ein körperverachtender Mensch den Leib gerade dort, wo er im Wege steht, schließlich muss er ihn immer an die unmöglichsten Orte mitschleppen. Wer aber wirklich am Körper interessiert ist, der verleiblicht sich tatsächlich selbst, der will nicht als Person den Körper in sichere Bahnen lenken - wo ja der Gist selsbt seine größte Gefahr ist-, er will sich nicht mal mit dem Körper der Welt zuwenden. Der Mensch soll nicht in der Natur aufgehen, sondern die Natur im Menschen. Die Natur ist schließlich nur dann wirklich Natur, wenn sie Lebewesen in sich hat, die das Leben in sich und um sich herum haben.

Montag, 2. Mai 2011

Theologie und Körper (1)

1. Mühling - Grundinformation Eschatologie: Systematische Theologie aus der Perspektive der Hoffnung

"Der Leib bezeichnet das Medium kreatürlich-kommunikativer und wechselseitiger Beziehungen." ... "Bei der Auferstehung bleibt letztlich nur darauf hinzuweisen, dass mit der eschatischen Relevanz von Leiblichkeit auch die Leiblichkeit im Hier-und-Jetzt, so sehr sie sich auch von der easchatischen Leiblichkeit unterscheiden mag, aufgewertet wird. Das Christentum ist damit gerade keine leibfeindliche Religion." ... "Das [eschatische] Bild des Paradieses als eines Gartens veranschaulicht den Gedanken, dass die eschatische Realität sowohl die Vollendung der natürlichen Welt als auch der kulturellen Welt ist und es keine Trennung von Natur und Geist gibt."

Hierzu gäbe es etliches zu sagen. Nur drei Hinweise:
1. Dass das Christentum keine leibfeindliche Religion ist, kann man echt nur behaupten, wenn man den Körper auf den Leib reduziert und den Christentumskritikern unterstellt, dass sie niemals ein anderes Bild von Körper und Leib gehabt hätten. Jedoch wiegt der Vorwurf der Körperfeindlichkeit viel schwerer, da der Körper sich nicht einfachhin mit gedanklichen Intentionen aufladen lässt. Bewegung ist eben mehr als nur eine Metapher für das "kommunikative In-der-Welt-Sein"...
2. Dass im Paradies Natur und Geist vereint sind, halte ich doch für ein Gerücht. Schließlich kommt Eva erst zu Bewusstsein, nachdem sie vom Apfel gegessen hat. Würde man das Paradies ganz konsequent als bewusstseinsfrei denken, würde es eine noch geringere Rolle bei den eschatologischen Bildern einnehmen als jetzt schon.
3. Zuletzt läuft doch alles wieder darauf hinaus, dass die metaphorischen Elemente des Leibes im Zustand des Erlöst-Seins jede materielle Komponente zurückdrängen oder sogar ausschließen, da dies mit einem Zustand der Schwäche und Unvollkommenheit gleichgesetzt würde. Aber warum darf man auf Gottes Macht hoffen, während jede Hoffnung auf diesseitige Vervollkommnung schon als Symptom von Größenwahn gilt? Und warum spricht man bezüglich der Vervollkommnung im Himmel nicht häufiger von der Selbst-Werdung des Menschen - will man da einmal ehrlich sein?

Sprüche (20)

Stromausfall in der ULB - das Leben steht still...nun ist die Bibliothek wieder analog...

"Renn' nicht so wild!" ist auch ein Symptom. Man könnte meinen, dass jeder Imperativ dazu da ist, um den Körper...

Drogen nehmen, das bedeutet: sich abgefunden haben!

"So bin ich eben!" - Das ist eine Ausrede, getarnt als Argument...

Frauen haben deutlich häufiger als Männer das Bedürfnis, sich zum (Schönheits-)Objekt degradieren zu lassen. Wie kommt das?

Lernen ist eingeholte Überforderung.

Kontrasterfahrung: "Ich bin ein Halbaffe!" - Das ist der allererste von mir gesprochene Satz, an den ich mich noch erinnere. Leider fragte mich die Kindergärtnerin, was ich damit denn meinen würde. Man sieht: Der Widerstand (verschleiert als Unverständnis) brachte mich zur Reflexion, aber hat mich auch ziemlich heftig enttäuscht: Wald des Warmen Regens!

"Hier gibt es nicht viele Bäume, die zum Klettern geeignet sind!" - "Falsch! Die Bäume sind alle geeignet, nur dein Körper ist es nicht."

Früher gab es VorSTEHER und heute VorSITZENDE - wem kann ich damit noch Neues erzählen?

"Der Körper BRAUCHT..." ist eine unglaublich schiefe Formulierung. Denn der Körper braucht nur das, was er nicht bekommt. - Doch der Körper soll nciht nur nciht mit seinen ständigen Bedürfnissen nerven, sondern vollkommen zum Subjekt werden: Die Würdigung des Körper im Wald des Warmen Regens.

Ich weiß nicht, wo, aber: An irgendeinem Punkt ist der Feminismus, im positiven Sinne der Emanzipation der Frau, umgeschlagen in die Entmannung des Mannes. Vielleicht war das allerdings nur seine eigentlich Konsequenz - und wer weiß: möglicherweise sogar seine ursprüngliche Absicht?!

Wozu ist zuletzt alle Leibtheorie da? - Da die Leibvergessenheit in Leibnutzlosigkeit und später in Ästhetisierung umgeschlagen ist, soll nun die Vereinbarkeit von Leib und Kultur heruagsestellt werden. Das ist jedoch genau so verrückt wie der unverrückbare Glaube der Modesigner, dass sich in ihren Produkten Feminismus ud Weiblichkeit miteinander ausgesöhnt hätten...

Sonntag, 24. April 2011

Selbstliebe ist schwer...

"Chatterin XY: Dann bin ich also auch eine Lügnerin, weil ich Unreinheiten unter Make up verstecke?

Ich: ja, weil die Werbung dir eingeredet hat, dass das "Unreinheiten" sind
Ich: und dass Make up schöner ist als Unreinheiten...

Chatterin XY: Weil es stimmt."


Kein Wunder, dass der kleine Mann und die kleine Frau beständig über das Big Business abledert, aber bei den Kosmetikunternehmen "aus Selbstliebe" eine Ausnahme macht...

PS: Ich vergaß noch die Tabak- und die Spirituosenindustrie..."aus Selbstliebe"...

Mittwoch, 20. April 2011

Schönheitsobjekt und Schönheitssubjekt

"Was ist der Elegante für den Schätzenden? - Ein Gelächter und eine schmerzliche Scham!"

Schönheitsobjekte sind uns allen bekannt. Wir sehen sie auf Werbetafeln und vor allem im Fernsehen, es gibt sogar extra Shows, um neue Schönheitsobjekte zu rekrutieren. Sie stehen für Eleganz, Anmut und eine unverfälschte, unsteigerbare Schönheit, so dass sie uns dazu antreiben, selbst so sein zu wollen wie sie.
Dies trifft allerdings nicht auf alle Menschen zu. Ich für meinen Teil empfinde eine tiefe Verachtung für alles, was sich zum Objekt degradieren lässt. Der, der für elegant befunden wird, ist jemand, der sich den Wert von anderen diktieren lässt und immer nur in Verfügung anderer Schätzungen Wert erlangt. So sagte Nietzsche auch: "Ihr ladet euch einen Zeugen ein, wenn ihr von euch gut reden wollt; und wenn ihr ihn verführt habt, gut von euch zu denken, denkt ihr selber gut von euch." Diese Menschen haben nicht die Macht, selbst Werturteile zu fällen und sind immer Opfer ihrer eigenen Selbstverachtung. Für sie ist Schönheit ein rein ästhetischer, äußerer und von außen zugeschriebener Wert, deshalb auch Schönheitsobjekt.
Das Gegenteil davon ist der Schätzende bzw. das Schönheitssubjekt. Dieses Subjekt stellt selber Wertungen auf, es ist mit sich selbst im Reinen und käme gar nicht auf den Gedanken, das eigene Selbstwertgefühl von der Beurteilung Anderer abhängig zu machen. Es weiß auch nicht, ob es sich für die oben erwähnten Schönheitsobjekte schämen oder über sie lachen soll. Denn das Schönheitssubjekt hat einen ganz anderen Begriff von Schönheit, da es Schönheit nicht als äußeren Wert beschreibt, sondern als Fähigkeit und vielmehr als tatsächlichen Akt, sich in der Welt mitzuteilen, sich selbst einzubringen. Wieder Nietzsche: "Wenn die Macht gnädig wird und herabkommt ins Sichtbare: Schönheit heiße ich solches Herabkommen."
So habe ich einen neuen Begriff von Schönheit entwickelt; nicht mehr als das Anbiedern an fremde ästhetische Reize, sondern als das Ganz-Man-Selber-Sein im Gefühl der Sicherheit und des Triumphes.
Ein schöner Körper im Sinne des Wald des Warmen Regens ist also nicht einer, der irgendwie "gut aussieht", auch nicht einer, der potenziell zum Laufen und Rennen und Springen und Klettern fähig wäre (also wieder nur einer, der so aussieht als ob), sondern einer, der tatsächlich klettert etc. "Schönheit" oder eher noch das "Schönheitssubjekt" ist damit nurmehr ein Synonym für den Lebensbegriff und der Lebensbegriff selbst eine Metapher für das Leben selbst.

Zusammengefasst: Wenn die Menschen vom Schönheitsobjekt zum Schönheitssubjekt werden, dann werden aus Opfern endlich Ex-Opfer!

Mittwoch, 13. April 2011

Sprüche (19)

Unsere Gründe - das sind unsere Prämissen.

Wenn man von Mädchen sagt, sie seien im gleichen Alter bei der Persönlichkeitsentwicklung 'weiter' als Jungen, dann bedeutet das eigentlich nur so viel, als dass sie im wörtlichen Sinne domestizierter sind.

Was keine Diktatur der Welt bisher schaffte, wird nun in der westlichen Welt wahr: Je größer die Individualisierung, desto größer wird auch die Verwertbarkeit und Austauschbarkeit des Menschen.

"Willst du vielleicht etwas Salbe haben?" - "Nein, lass meinen Körper sich selber heilen!"

Wenn sich einst die Natur wieder über den Menschen erhebt und ihren größten Tyrannen stürzt, wird es endlich keine demokratischen Wahlen mehr geben...

Wenn ein kleiner Junge von einem Kampfhund gebissen wird, wird umgehend ein schärferes Gesetz erlassen. Wenn jedoch ein Deutscher von einer Gruppe ausländischer Jugendlicher zusammen geschlagen wird, versammeln sich alle zu einer Demonstration im Namen der Toleranz...

Freitag, 8. April 2011

Der Schmarotzer

"...und das widrigste Tier von Mensch, das ich fand, das taufte ich Schmarotzer: das wollte nicht lieben und doch von Liebe leben."

Dieser Ausspruch von Nietzsche ist auf den ersten Blick auch ohne Kontext leicht verständlich. Man soll eben die Fähigkeit besitzen zu lieben und sie auch anwenden, weil es, sagen wir, unmoralisch wäre, nur durch fremde Liebe gut zu leben und nichts zurückzugeben.
Jedoch handelt der ganze Abschnitt in erster Linie nicht von der negativ beurteilten Nächstenliebe, sondern primär von der Selbstliebe.

"Wer aber leicht werden will und ein Vogel, der muß sich selber lieben – also lehre ich."

Mal ehrlich, wer kennt nicht solche Leute, die von anderen geliebt werden wollen, ohne sich selbst leiden geschweige denn lieben zu können? Die sind denen sehr ähnlich, die sagen, dass sie jemand anderen lieben, aber ebenso nicht sich selber lieben. - Kinder haben diese Selbstliebe noch, dieses bedingungslose Hoffen auf das nächste Spiel, das grandiose Bei-Sich-Selbst-Sein in jeder Handlung. Wann haben wir unsere Selbstliebe verloren? War es vielleicht der Punkt, wo wir aufhörten, Wertschätzung für unseren Körper zu empfinden?

Zuggespräche (6)

In der siebten Klasse kann man schon mal Dinge sagen, die man nicht so meint, also nicht so meinen kann:

"Janine, flirte doch mit dem, wenn du 'was von dem willst!"

Kann mir bzw. ihr vielleicht mal jemand dieses 'was erklären?

Sonntag, 27. März 2011

Sprüche (18)

Wer seinen Kopf in die Angelegenheiten Anderer steckt, sollte keinen Mundgeruch haben. - Bei vielen wäre der Spruch hier schon zu Ende gewesen, womit sie sich verraten hätten...

Für mich sind Theologie und Philosophie wie Sex, bei dem man vorher zwar eine vage Ahnung davon hat, was ein Orgasmus ist, aber wobei man sich schon mit ein wenig Fummelei zufrieden geben soll, weil alle möglichen Partner aneinander vorbei handeln und man selbst zu kurze Arme hat.

Eine schwierige Aufgabe: "Finde Pro- und Contra-Argumente zu folgender Frage: 'Sind schlechte Argumente überhaupt Argumente?'"

Das Futur II ist die vermutlich lebensfeindlichste, demütigendste Zeitform, die es in der deutschen Sprache gibt. In ihr stellt man etwas, das noch Zukunft hat, als etwas dar, das einmal Vergangenheit sein wird.

Warum sind adhoc-Antworten philosophisch-langatmigen Antwortversuchen so oft überlegen?

Meine Idee vom Wald des Warmen Regens ist deshalb kein naturalistischer Fehlschluss, weil entweder 1. der Begriff der Natur eine kulturelle Festlegung ist und gerade nicht den Ist-Zustand der Natur enthält oder 2. ich eben nicht zum Tier zurück will, sondern Natur erst im WDWR wirklich wird oder 3. Natur immer schon identisch mit Lebendigkeit wäre. Lebendigkeit ist dabei der Imperativ, der von keinem lebendigen Menschen geleugnet werden kann, auch wenn er inhaltlich anders gefüllt ist. Bei mir, wie ihr wisst: Schönheit = Natürlichkeit = Lebendigkeit = Beweglichkeit.

Ein wunderschöner Dialog aus "American Dad":
"Stan, du willst einfach nicht zur Weinprobe mitkommen." - "Na, nimm doch Roger mit!" - "Ich bin ein Weinliebhaber - und Heroinliebhaber, falls jemand dafür mal eine Verkostung organisieren will. Ich liebe Heroin, ich nehme es nicht, ich habe es nur gerne um mich. Ich sehs mir an, ich mag es einfach - und nasche ab und zu davon."

Wann bist du im Zentrum des Lebens, also im Wald des Warmen Regens, angekommen? - Wenn die Sonne weder von links nach rechts noch von rechts nach links wandert.

Ein Euphemismus: "Angeheitert"! - Quasi "ethnische Säuberung" im Verstand.

Unendlichkeit und WDWR: Ob man sich selbst das Ideal/das Grab schaufelt oder ob es ein anderer übernimmt, spielt keine Rolle. Soll heißen: Der Glaube an die metaphysische Gespaltenheit der Welt in Wünschbarkeit und Wirklichkeit, Ideal und Realität, Leben und Tod, ist der größte Realitätsverlust aller Zeiten. - IHR leidet an diesem Realitätsverlust, während ich am Verlust der Realität leide. Wann begreift IHR das?

Der Kategorische Imperativ Kants funktioniert nur dann, wenn man nicht nur einer fremden Moral unterworfen sein kann, sondern auch der eigenen. Gerade dann wenn man bei sich selbst ist, würde man seine Pflicht erkennen. - Der Wald des Warmen Regens ist dagegen der Ort, wo man nicht einmal mehr seiner eigenen Moralität ausgeliefert ist; jede mögliche Handlung ist das Leben.

Kennt ihr den Unterschied zwischen körperlichem und mentalem Training? - Wenn ich wollte, könnte ich sicherlich 10km laufen. Aber ich will trainieren, damit ich von vorn herein genug Kraft habe und am Ende nicht meinen inneren Schweinehund überwinden muss. Man könnte auch sagen, dass ich die Ursache und nicht die Symptome bekämpfen will: Dann kommt es vielleicht zur Würdigung des Körpers!

Glaubt ihr, dass ich den Wald des Warmen Regens deshalb liebe, weil ich Angst vor dieser Welt habe und weil man dort nicht ins kalte Wasser geworfen werden kann? - Aber man kann dort ins kalte Wasser geworfen werden, nur fühlt es sich dort eben nicht wie eine bewusste Überforderung zum Wohle der Entwicklung, sondern wie eine 'Erfrischung' innerhalb eines unendlichen, unüberholbaren Lebensreichtums an.

Montag, 31. Januar 2011

"Surrogates" - Die Befreiung vom Körper

So oberflächlich die Handlung in "Surrogates - Mein zweites Ich" angesichts der Möglichkeiten auch bleibt, so beeindruckend-verstörend ist zumindest das Setting:
In der Welt des Jahres 2054 lebt jeder Mensch nur noch in seinen eigenen vier Wänden. In Kontakt kommen die Menschen über so genannte "Surrogates", täuschend echte Roboter, welche ihr Besitzer vom Bett aus steuert, und welche laufen, arbeiten und sogar in den Urlaub fahren. Ähnlich wie in "Avatar - Aufbruch nach Pandora" werden dadurch gewisse Gefahren vermieden, die Kriminalität sank mit der Allverfügbarkeit der Surrogates um 99%.
Ich empfehle den Film, wie gesagt, nicht deshalb, weil er eine ausgefeilte Handlung hätte. Aber zumindest wird an dem Film mal wieder deutlich, wohin die Reise der Körperfeindlichkeit noch gehen kann, wenn wir technisch-zivilisatorisch immer weitere Fortschritte machen und nicht merken, wie viel Lebensqualität uns dabei eigentlich abhanden kommt. Wenn wir die "Befreiung vom Körper" unwidersprochen hinnehmen, werden wir alles verlieren:
Das Internet – durch die Einverleibung alles menschlichen Gewissens in der entmenscht-austauschbaren Unzeitigkeit, ist es nach der Ablösung der Sprache durch das Geld deren Nachfolger und logische Konsequenz, folglich die schärfste, nicht mehr zu übertreffende Form der Selbst-Domestikation, und die Menschheitsgeschichte ist zu Ende, wenn der vorletzte Schluss gezogen wird: „Das Internet um seiner selbst willen!“

Freitag, 28. Januar 2011

Zahnspangen-Index

Es gibt einen so genannten Big Mac- oder Hamburger-Index, der je nach Preis eines BigMacs in einem Land Hinweise auf die Über- oder Unterbewertetheit einer Währung liefert. Wer schon einmal in einem norwegischen FastFood-Laden gegessen hat, wird verstehen, was ich meine...
Außerdem gibt es einen so genannten Coca Cola Index, der einen Zusammenhang zwischen der Konsumhäufigkeit von Coca Cola-Produkten und dem zivilisatorischen Stand bzw. der Lebenszufriedenheit der Bewohner eines Landes aufzeigt. Nordkorea liegt dabei am hinteren Ende der Skala...

Während man diesen beides Indices durchaus einen gewissen kulturimperialistischen Optimismus unterstellen kann, geht das mit dem von mir erfundenen Zahnspangen-Index nicht. Dieser sagt folgendes aus:
Je höher die mögliche Tragezeit einer Zahnspange - wenn man sie für bewegungsintensive Tätigkeiten absetzen muss - ist, desto höher ist bei diesem Menschen bzw. in diesem Land auch das Maß an Zivilisiertheit.

Ein weiteres Kapitel Kultur und Körper...

Was ist der Unterschied zwischen den folgenden Sätze:
1. Die Brille steht dir!
2. Das Hörgerät steht dir!
3. Die Beinprothese steht dir!
4. Das Bauchnabelpiercing steht dir!
5. Der Lippenteller steht dir!

Während wir im Falle der Brille die Behinderung nicht mehr als Behinderung wahrnehmen und ihr sogar umgekehrt einen ästhetischen Wert (oder: einen alltäglichen Fetisch) zuschreiben, würde uns so etwas bei einem Hörgerät oder gar bei einer Beinprothese kaum einfallen; so jemanden würden wir vermutlich als krank bezeichnen.
Um die Absurdität unseres ästhetischen Empfindens auf die Spitze zu treiben, hab ich die letzten beiden Sätze hinzugefügt. Denn ein Bauchnabelpiercing hat keinerlei Funktion; ich würde sogar sagen, dass es eher behindert, aber das wird natürlich von den Trägerinnen ganz anders gesehen. Bei einem Lippenteller jedoch würde jeder normale Mensch das direkt unterschreiben. Abschließende Frage: Ist also unser Verständnis von Ästhetik relativ zur Kultur oder sind wir einfach nur dämlich?

Sprüche (17)

Zivilisatorischer Hochmut: Nach dem Sex duschen gehen!

Der Höhepunkt der Kultur ist überschritten, wenn in einem Volk mehr Menschen sterben als geboren werden - weil es bequemer ist.

Das Analyse-Paradox: Entweder die Analyse ist bedeutungsgleich oder sie ist gar keine Analyse. Oder: Warum Schönheit mit Natürlichkeit zusammen fällt...

(Neu-??)Übersetzung von Ex 3,14:
"Ich bin ein Lebe-Wesen..."

Dienstag, 18. Januar 2011

Sportlerball des Jahres

Unabhängig davon, dass ich eine tiefe Abneigung gegen selbstbezüglichen Sport habe und dass auch über Showacts etwas zu sagen wäre, waren die Auftritte des Abends sehr bewegend und bis auf die Auszeichnung für meinen Mannschaftskollegen das bewegendste. Leider störte mich aber auch, dass dieser Sportlerball, angefangen beim Zwang zur Abendkleidung bis zur Übererfüllung dieser Anordnung durch die anwesenden 'Sportler', auch eine Aidsgala hätte sein können, so körperlich steril war die Veranstaltung. Diesen Menschen, manche erst an der Schwelle zur Reflexionsfähigkeit, hätte ich sagen sollen:
An euch ist heute abend gar nichts Sportliches. Dies ist die Stunde des widersprüchlichen und verächtlichsten Menschen, der sich selbst nicht mehr widersprechen und verachten kann.

Freitag, 14. Januar 2011

Vom Unglück der Atombombe

Wenn man sich für clever hält, dann könnte man behaupten, dass die Atombombe nicht die schlimmste, sondern die beste Erfindung aller Zeiten ist, da sie eine derartige Drohkulisse aufbaut, dass konventionelle Kriege komplett unmöglich werden.
Aber genau aus dem letztgenannten Grund ist sie für mich untragbar: Eine Tabula Rasa, eine Stunde Null, wie es sie nach dem 2.Weltkrieg gab, ist nie wieder möglich und damit sind die politischen Zustände zunächst zementiert. Dadurch werden letztlich aber kulturelle Unterschiede und kulturelle Konflikte immer zentraler, weil man sich nicht mehr traut, sich kriegerisch gegen einen Feind aufzulehnen. Die Atombombe führt somit dazu, dass sich die schwächere Kultur am Ende selbst aufgibt.
Außerdem befördert die Atombombe auch noch den Terrorismus. Denn wo keine spezielle Armee eines bestimmten Staates mehr als Feind auszumachen ist, da kann man nur noch Zivilisten treffen.
Aber wer denkt wirklich so weit, dass man für die Vision einer atomwaffenfreien Welt zwar den Friedensnobelpreis verdient hat, aber das ganz anders gemeint sein müsste, als es aktuell der Fall ist?

Donnerstag, 13. Januar 2011

Sprüche (16)

Für die meisten Jugendlichen ist die Pubertät der Zeitraum, wo die Welt im Kopf so reich wird, dass man nicht mehr rausgehen muss, um die Welt zu entdecken. Sie feiern Parties in engen Räumen - als die Höhepunkte ihres Lebens. Und spricht man sie darauf an, dass sie noch vor ein, zwei Jahren die Straßen bunt bemalt haben, so schämen sie sich noch dafür.

Das Ende der Pubertät: zu der Wand geworden zu sein, vor die man zuvor noch beständig gerannt ist.

Das Sexualtabu ist in unserer Kultur die Gummiwand, vor die man gerne rennt, weil und damit man nicht merkt, dass sich dahinter eine Betonwand aus Körperfeindlichkeiten zementiert hat.

EIN Umweltschutzparadox: Je grüner die Technologien, desto höher der Energieverbrauch - mit gutem Gewissen.

Eine Frau, die auf hohen Absätzen nicht hinfällt, ist wie eine Frau, die von ihrem eigentlich gewalttätigen Ehemann nicht geschlagen wird. Vermutlich werden beide ein unverrückbares Ideal vorschieben (Schönheit bzw. Ehe), das sie bei der Stange hält, sie werden sich sogar für ihr Durchhaltevermögen loben und sie werden zuletzt ihr Glück kaum fassen können. - Aber würde nicht jeder vernünftige Mensch trotzdem das Gefühl haben, dass da irgendetwas nicht stimmt?